Stefan Bradl © LCR-Honda

© LCR-Honda - Lucio Cecchinello (li.) lobt die analytische Arbeitsweise von Stefan Bradl (re.)

Das Team von Lucio Cecchinello ist die neue Heimat von Stefan Bradl in der MotoGP. Im Jahr 1996 wurde LCR für die Achtelliterklasse gegründet. 2006 erfolgte mit Casey Stoner der Aufstieg in die MotoGP.

Der heute zweifache Weltmeister eroberte im Debüt-Jahr die erste Pole-Position und den ersten Podestplatz. Nachdem sich der Australier ins Ducati-Werksteam verabschiedet hatte, wurde Routinier Carlos Checa für 2007 verpflichtet. Große Erfolge blieben allerdings aus. Zwischen 2008 und 2010 fuhr Randy de Puniet für Cecchinello. Mehrere Achtungserfolge im Qualifying und ein Podestplatz waren die Ausbeute.

Im Vorjahr wurde der damals amtierende Moto2-Weltmeister Toni Elias unter Vertrag genommen. Honda stellt nach wie vor in der mittleren Klasse den Einheitsmotor und es ist auch von der Dorna der Wunsch, dass der Champion in die Königsklasse aufsteigt, damit die Moto2 aufgewertet ist. Auf dem Papier sah die Voraussetzung gut aus. Elias verfügte über MotoGP-Erfahrung konnte sogar einen Sieg aufweisen. Dazu kamen die Erfolge in den kleineren Klassen und auch der damals neuen Moto2.

Das MotoGP-Comeback schlug aber kläglich fehl. „Es war eine extrem schwierige Saison für unser Team. Wir haben unser Bestes und sogar noch mehr gegeben, damit Toni ein konkurrenzfähiges Motorrad hat“, blickt Cecchinello im Interview mit ‚Moto-net.com‘ zurück. „In 16 Jahren hat das Team noch nie so viel gearbeitet, um Lösungen zu finden. Das Hauptproblem waren die Reifen. Aufgrund seiner kleinen Körpergröße und seines Fahrstils konnte er sie nicht auf Temperatur bringen.“

„Laut unserer Daten waren seine Reifen um 15 bis 20 Grad kühler als die der anderen MotoGP-Fahrer. Trotz der zahlreichen Modifikationen am Chassis fanden wir nie eine Lösung, um die Reifen auf Temperatur zu bringen. Ich glaube, Tonis Fahrstil hat einfach nicht zur neuen Reifengeneration von Bridgestone gepasst. Unser Team ist in diesem einen Jahr nicht inkompetent geworden, oder Toni hat verlernt, wie man schnell fährt.“

Elias bringt es bei einer Größe von 163 Zentimetern auf 57 Kilogramm. Weltmeister Stoner wiegt zwar auch nur 58 Kilogramm, kann sie durch seine Größe von 171 Zentimetern aber besser auf dem Motorrad verteilen. Interessanterweise hat Fliegengewicht Dani Pedrosa (51kg/160cm) keinerlei Probleme beim Aufwärmen der Reifen.

„Ich habe mit Technikern von Bridgestone, aber auch von Michelin gesprochen. Sie haben bestätigt, dass Toni die Reifen nie so hart nutzen konnte, wie andere Fahrer“, erklärt Cecchinello. „Er braucht eine Karkasse, die weicher ist und schneller auf Temperatur kommt. Da es jetzt Einheitsreifen gibt, ist es nicht möglich, für ihn ein passendes Modell zu bauen. Es war ein Teufelskreis. Toni konnte nicht schnell genug fahren, um die Reifen auf Temperatur zu bringen. Deshalb rutschte das Bike stark. Da er zu langsam war, kamen die Reifen nicht in ihr Arbeitsfenster.“

Dovizioso war Nummer 1 auf der Liste

Bereits während der Saison 2011 kamen Gerüchte auf, wonach Elias vor die Tür gesetzt wird. Soweit kam es nicht, aber es war klar, dass sich LCR einen neuen Fahrer suchen würde. Auf der Liste standen mehrere Piloten. Bradl kam erst direkt nach dem Saisonfinale kurzfristig und überraschend hinzu. „Honda gab uns eine Liste mit Namen. Ganz oben stand Dovizioso“, schildert Cecchinello den Prozess.

„Leider wurden wir nicht Andreas Anforderungen gerecht, denn er wollte die gleiche Spezifikation wie die Werksfahrer haben.“ Dovizioso entschied sich deshalb für den Markenwechsel zu Yamaha und für Tech 3. „Jetzt haben wir das gleiche Motorrad wie HRC, aber wir bekommen die neuesten Teile erst, wenn sie vom Werksteam getestet und freigegeben wurden“, sagt Cecchinello über das Material, das Bradl zur Verfügung stehen wird.

„Nachdem Andrea nicht mehr verfügbar war, überlegten wir uns die Möglichkeit, Randy ins Team zurückzuholen. Mit ihm hätten wir garantiert einen schnellen Fahrer gehabt, der auch ein bestimmtes Level an Resultaten gebracht hätte. Er ist einer der talentiertesten Fahrer, die ich kenne. Um ehrlich zu sein, erhielt ich von Honda Hinweise, dass sie lieber zwei Jahre mit einem jungen Fahrer machen wollten. Ich brauchte nicht Honda, um Bradl zu verpflichten, aber wir haben eine kleine Struktur und um die Entwicklung zu garantieren, ist es besser, auf die Wünsche des Hauptpartners zu hören.“

Cecchinello sofort von Bradl überzeugt

Bradl überzeugte an den zwei Testtagen im vergangenen November in Valencia und erhielt seinen ersten MotoGP-Vertrag. Mittlerweile hat der Deutsche zwei offizielle Testtage in Sepang mit der neuen RC213V absolviert. „In Valencia realisierten wir, dass wir es mit einem sehr intelligenten Fahrer zu tun haben“, sagt Cecchinello gegenüber ‚Moto-net.com‘. Er kann seine Gefühle erklären, versteht die Telemetrie und verlangt auch nach Änderungen. Davon waren wir sofort beeindruckt.“

„Ohne große Änderungen vorzunehmen, war er sofort schneller als Elias, der aber mehr Erfahrung hat.“ Bradl geht in seine erste MotoGP-Saison, in der lediglich zwölf Prototypen am Start stehen. Bei den zweiten Sepang-Tests hat sich angedeutet, dass auch die Kundenmaschinen von Honda und Yamaha vor Ducati sein könnten. Wie schätzt Cecchinello die Ausgangslage ein? „Wir müssen realistisch sein. Es gibt einige ‚Monster‘ in der MotoGP, wie Stoner, Lorenzo und falls Ducati konkurrenzfähig ist Rossi.“

„Es gibt sieben extrem talentierte Fahrer. Unter normalen Bedingungen Platz sechs zu erreichen, wäre für unser Team ein fantastisches Resultat. Wenn wir die Meisterschaft zwischen Platz sechs und zehn beenden, dann wäre das eine sehr gute Sache. Zu Beginn der Saison wird Stefan vermutlich öfter Zehnter als Sechster sein.“

Text von Gerald Dirnbeck

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Eine Antwort auf Cecchinello (LCR-Honda): "Stefan Bradl ist ein sehr intelligenter Fahrer"

  1. Reifen

    Sehr interessant zu sehen wie ein Paar Grad über Sieg oder Niederlage entscheiden können.

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