© LCR - In der Box werden die Bridgestone-Reifen in Heizdecken vorgewärmt

Viele Stürze in der vergangenen Saison waren auf kalte Reifen zurückzuführen. Einige Fahrer zogen sich sogar Verletzungen deshalb zu. Bridgestone liefert Einheitsreifen an die versammelten Teams. Auf manchen Strecken bestehen die Flanken aus unterschiedlichen Mischungen, je nach der Anzahl der Rechts- oder Linkskurven. Da der Reifen der einzige Kontaktpunkt zwischen Motorrad und Strecke ist, kommt dem schwarzen Gold eine immense Bedeutung zu.

Wie das Motorrad mit den Reifen umgeht entscheidet über Sieg, Niederlage oder auch Verletzungen. In den letzten Jahren wurde es rennentscheidend, den Reifen sofort nach dem Start auf Temperatur zu bringen, ihn aber auch über die Distanz zu tragen. Um das zu ermöglichen, feilen die Techniker unermüdlich an der Chassisgeometrie, der Dämpfereinstellungen und der Elektronik.

Ex-Rennfahrer Randy Mamola ist ein genauer Beobachter der MotoGP-Szene und berichtet: „Auf den meisten Rennstrecken ist die Reifentemperatur bei Ducati um zehn Grad gegenüber 2009 gefallen. Ich weiß aber nicht genau auf welchen. Als ich das erfahren habe, machte es Sinn, dass Casey Stoner nicht nur beim Nachtrennen in Katar gestürzt war, sondern auch oft zu Beginn einiger Rennen. Es war schwieriger, die Reifen auf Temperatur zu bringen“, wird Mamola vom ‚Sport Rider‘ zitiert.

„Ben Spies und Valentino Rossi sind ebenfalls aufgrund kalter Reifen gestürzt. Was ist ein kalter Reifen? Einer, der unter 80, 90 oder 100 Grad liegt? Weil die Reifen so wichtig sind, geht es nicht nur um die reine Performance des Motorrades, sondern um die Gewichtsverteilung.“ Technik-Guru Jeremy Burgess, der mit Rossi zu Ducati gewechselt ist, arbeitet an der neuen GP11 viel an der Aufhängung, um das Motorrad für den Superstar anzupassen.

„Alle verwenden die gleichen Reifen. Man muss also das Motorrad auf die Reifen einstellen“, so Mamola. „Als Rossi auf Bridgestone wechselte, baute er die Yamaha für den Reifen um, den Stoner verwendete. Bridgestone hat keinen Reifen für Rossi entwickelt.“ Für die Saison 2008 wechselte Rossi von Michelin auf Bridgestone-Reifen und feierte schlussendlich einen weiteren WM-Titel.

Das Arbeitsfenster der Reifen wird durch Kleinigkeiten beeinflusst. „Wenn eine Wolke die Sonne verdeckt, hat das sofort Auswirkungen auf die Streckentemperatur und das Verhalten der Reifen. Wenn alle mit der harten Mischung fahren und einer bringt sie schneller auf Temperatur, dann kann er wegziehen. Andernfalls ist der Zug abgefahren oder man geht zu Boden.“ Bei Ducati sieht Mamola folgende Baustelle: „Ihre Temperatur ist schon um zehn Grad niedriger und ihr Vorderrad ist sehr weit vom Schwerpunkt entfernt. Dabei liegen die Bedenken.“

Es haben aber alle Hersteller ihre Schwierigkeiten. „Manchmal hat die Honda super funktioniert, dann wieder gar nicht. Das hängt alles mit der Reifentemperatur zusammen. Als Dani Pedrosa erstmals auf Bridgestone unterwegs war, konnte er die Reifen von Stoner und Rossi überhaupt nicht verwenden.“ Seit Michelin ausgestiegen ist, liefern die Japaner die gleichen Reifen an alle. Die Zeiten sind lange vorbei, als für jeden Fahrer die Walzen maßgeschneidert wurden.

Die Reifen müssen außerdem bei den verschiedenen Motorkonzepten funktionieren. „Wie viele Kombinationen haben diese Motorräder, um Energie in die Hinterreifen und die Vorderreifen zu stecken?“, fragt sich Mamola. „Es ist viel technischer als viele Leute denken. Ein Motorrad hat einen Benzintank, zwei Reifen und Aufhängungen – aber es ist viel mehr. Es ist viel zu technisch, als dass man die genauen Abstimmungen verstehen könnte.“

Die Größe und das Gewicht des Fahrers ist ebenfall ein nicht zu unterschätzender Faktor. Der groß gewachsene Rossi kann beim Bremsvorgang im Sitz nach hinten rutschen. Der kleine Pedrosa hat diese Möglichkeit nicht. „Wenn Dani in Schräglage fährt, dann muss er seinen Kopf weit strecken, denn sonst hätte er nicht die gleiche Hebelwirkung wie Rossi.“, so Mamola. „Wenige Kilo machen viel aus. Nun muss Ducati mit diesem Gewicht spielen, denn Rossi ist groß.“

„Auf einer Strecke mit ständigen Richtungswechseln kommt jemand wie Marco Simoncelli gut klar, denn sein Oberkörper ist recht stark. Er kann diese Hebelwirkung dazu benutzen, das Motorrad hin und herzubewegen. Auf den Geraden hat er Probleme, denn er ist groß. Deshalb wollen alle schlank sein. Aus all diesen Gründen passt nicht jedes Motorrad zu jedem Fahrer.“

Text von Gerald Dimbeck

Motorsport-Total.com
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