Stefan Bradl - © Honda

© Honda – Stefan Bradl greift 2017 mit Ten-Kate-Honda in der Superbike-WM an

Der neue Karriere-Abschnitt für Stefan Bradl heißt Superbike-WM. Direkt im Anschluss an sein 78. MotoGP-Rennen absolvierte er im November in Spanien die ersten Tests mit der Honda CBR1000RR. Für die neue Saison wird eine neue Fireblade erwartet, die Bradl Ende Januar zum ersten Mal fahren wird.

In der öffentlichen Wahrnehmung steht die Superbike-WM zwar im Schatten der MotoGP, doch die Motorräder und der Speed unterscheiden sich nur geringfügig voneinander. Im Interview mit ‚Motorsport-Total.com‘ spricht Bradl über seine ersten Eindrücke in der Superbike-WM, warum man die Testzeiten von Jonathan Rea nicht überbewerten darf und warum Jonas Folger keine Ratschläge braucht.

Frage: „Stefan, wie verbringst du jetzt die Tage nach der langen Saison? Spürt der Körper, dass die Saison lange und anstrengend war?“
Stefan Bradl: „Ja schon, es wurde Zeit, dass etwas Pause kommt. Ich war viel unterwegs. Bei mir ist es so, dass ich die Zeit daheim genieße und meine Batterien wieder aufladen kann. Dafür war mental jetzt die Zeit dafür, aber auch körperlich. Es zehrt natürlich an allem, speziell der Oktober mit den großen Überseereisen. Man freut sich dann schon auf die ruhige Zeit zu Hause.“

Frage: „Dein letzter Ausflug waren die Superbike-Tests in Aragon und Jerez. Wie viel Spaß hat es gemacht? Nicky Hayden meinte einmal, dass sich die Geraden etwas länger anfühlen als mit dem MotoGP-Bike.“
Bradl: „Man merkt, dass die Power etwas geringer ist, um es vorsichtig auszudrücken. Aber es ist kein brachialer Unterschied. Es ist ein Unterschied, den man spürt, aber es ist nicht wie Tag und Nacht. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht. Es ist eine neue Herausforderung, auf die man neugierig ist. An den beiden Tagen in Aragon habe ich mich recht gut damit angefreundet. Die Arbeit mit dem Team hat super Spaß gemacht, wir sind gut zurecht gekommen. Auch die Zeit auf dem Motorrad war glaube ich nicht schlecht. Ich hatte schon Spaß.“

Frage: „Da ihr auf das neue Motorrad wartet, ging es bei diesen ersten Tests hauptsächlich darum, dass du einen Eindruck vom Motorrad, von den Reifen, der Elektronik und vom Team bekommst?“
Bradl: „Richtig, es ging grundsätzlich darum, das Motorrad kennenzulernen, die Kategorie Superbike kennenzulernen, die Reifen und wie man mit dem Team zusammenarbeitet. Damit wir dann nicht bei null loslegen. Ich kenne jetzt die Trocken- und Regenreifen und habe einen groben Überblick über alles.“

Unterschied zur MotoGP spürbar, aber nicht krass
Frage: „Findest du, dass es ein großer Unterschied zur MotoGP ist, wenn du alle diese Aspekte betrachtest?“
Bradl: „Der Unterschied ist da, aber er ist nicht gewaltig. Bei den Reifen und beim Getriebe ist es ein wenig spürbar, aber es ist nicht krass. Es sind Kleinigkeiten, die sich unterscheiden. Die Leistungsentfaltung, du hast etwas mehr Bewegung im Fahrwerk, aber daran gewöhnt man sich. Am zweiten Tag in Aragon bin ich immer besser in Fahrt gekommen und habe natürlich auch meinen Fahrstil angepasst. Dann kommst du in deinen Modus hinein, so wie wenn du dein MotoGP-Bike fährst. Am Ende des Tages habe ich dann nicht gefunden, dass es einen krassen Unterschied gibt. Ich habe mich gut eingefunden. Sobald du in deinem Modus bist und dich daran gewöhnst, ist der Unterschied nicht so groß.“

Frage: „Wie bewertest du den gemeinsamen Superbike und MotoGP-Test in Jerez? Jonathan Rea hat mit starken Rundenzeiten für Aufmerksamkeit gesorgt und war schneller als ein paar MotoGP-Fahrer. War das mehr eine Showrunde?“
Bradl: „Das war schon in der Vergangenheit der Fall. Ich kann mich an den Test im Vorjahr erinnern, wo die Superbikes in Jerez verdammt schnell waren. Der Qualifying-Reifen hilft natürlich und bringt etwa eine Sekunde, würde ich behaupten.“

„Aber Jerez ist eine Strecke, auf der Superbike und MotoGP immer eng beisammen waren. Die MotoGP hat etwa 25 PS mehr Leistung, aber diese kann man in Jerez nicht unbedingt ausspielen. In Aragon lag meine Bestzeit zwei Sekunden über meiner Aprilia-Zeit. Von daher ist der Zeitunterschied nicht die Welt. Rea war in Jerez natürlich schneller als einige MotoGP-Fahrer. Aber das hat auch mit dem Wetter und dem Qualifyer zu tun.“

Honda muss Ten Kate mehr Unterstützen
Frage: „Das Ten-Kate-Team zählt mittlerweile zu den Ikonen im Fahrerlager. Spürst du diese Leidenschaft und diese Begeisterung? Und hast du schon die Teambasis in den Niederlanden besucht?“
Bradl: „Ich habe die Jungs besucht, bevor wir gemeinsam angefangen haben. Wir haben uns vor dem ersten Test in Aragon kennengelernt. Es ist eine super professionelle Truppe und mega gut vorbereitet. Sie kennen sich in diesem Business richtig gut aus. Die Arbeitsweise steht der MotoGP eigentlich in nichts nach. Die Jungs sind genauso professionell und gut vorbereitet, die Arbeitsweise ist ähnlich. Ich habe mich direkt wohlgefühlt und habe mich in dieser ersten Phase optimal eingelebt.“

Frage: „Nicky hat im vergangenen Jahr kritisiert, dass wenig Unterstützung von Honda kommt. Wie ist deine erste Einschätzung? Glaubst du, dass Honda mit dem neuen Motorrad mehr Engagement zeigen wird, um gegen die anderen Werke bestehen zu können?“
Bradl: „Ich glaube schon, dass die neue Fireblade ein kleiner Schritt nach vorne ist. Noch bin ich damit nicht gefahren und kann es noch nicht gut beurteilen. Es ist aber notwendig, Honda muss etwas tun. Das ist ihnen auch selbst bewusst. Die bisherige Fireblade war schon eine alte Dame. Honda hat glaube ich realisiert, dass sie etwas tun müssen. Kawasaki und Ducati haben noch einen Vorsprung. Für mich ist es noch schwer zu beurteilen, aber Honda hat sich für 2017 sicher ins Zeug gelegt. Ich denke, dass sie es ernst nehmen und für die nächsten Jahre ordentlich nachschieben. Ich denke, es ist ihnen wichtig, auch in diesem Segment neben der MotoGP erfolgreich zu sein.“

Frage: „Wie ist der Plan für die nächsten Testfahrten mit der neuen Honda?“
Bradl: „Am 24. und 25. Januar testen wir mit der neuen Honda in Jerez und anschließend am 28. und 29 Januar in Portimao.“

Frage: „Auf welche der für dich neuen Strecken bist du am meisten gespannt? Im Kalender stehen Thailand, Imola, der Lausitzring, Portimao und Magny-Cours.“
Bradl: „Portimao kenne ich schon, dort habe ich einmal einen Reifentest durchgeführt. Den Lausitzring kenne ich noch aus meiner IDM-Zeit, was schon ewig her ist. Ansonsten bin ich gespannt auf Thailand, das soll eine coole Strecke sein. Imola wird bestimmt auch interessant. Aber es wird so wie in der MotoGP oder in der Vergangenheit sein, wenn du zu einer neuen Strecke kommst. Es war immer eine interessante Geschichte, das bereitet mir kein Kopfzerbrechen. Das gehe ich locker an.“

Umstellung: Zwei Rennen an einem Wochenende
Frage: „Auf jeden Fall ist auch neu, dass du zwei Rennen an einem Wochenende haben wirst. Der Vorteil ist, dass man von Samstag auf Sonntag Zeit hat, darüber nachzudenken und sich Daten ansehen kann. Man hat von den Fahrern gehört, dass es besser ist, ein Rennen am Samstag und eines am Sonntag zu haben, statt zwei am Sonntag.“
Bradl: „Für mich ist generell der Zeitplan am Wochenende neu. Ich bin schon gespannt. Es soll für das erste Rennen nicht einfach sein, die optimale Abstimmung zu finden, weil der Zeitplan etwas knapp ist. Aber was man im ersten Rennen gelernt hat, kann man im zweiten einsetzen. Das wird etwas Neues und ich bin gespannt, wie ich zurechtkommen werde. Es ist auf alle Fälle eine interessante Geschichte. Die Rennen sind etwas kürzer, aber es sind zwei.“

Frage: „Und welchen Ratschlag würdest du Jonas Folger für sein MotoGP-Debüt geben?“
Bradl: „Ich glaube, Jonas braucht keine großen Ratschläge. Man hat gesehen, dass er bei den ersten Tests recht gut zurechtgekommen ist. Von daher will ich ihm keine großen Ratschläge geben. Mit seinem Team und seinem Motorrad ist er konkurrenzfähig unterwegs. Einfach wird es trotzdem nicht, weil die MotoGP auf einem sehr hohen Level ist. Mit den neuen Herstellern in letzter Zeit ist das echt heavy geworden. Aber er muss seinen eigenen Weg machen. Ich glaube, er ist schnell genug und hat das Talent, um dort Fuß zu fassen. Wir werden sehen, wie er sich entwickeln wird. Man darf da nicht gleich nach den ersten beiden Rennen sagen, dass es super oder schlecht läuft. Man muss ihm Zeit geben, sich zu entwickeln und zu lernen.“

Text von Gerald Dirnbeck

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