Valentino Rossi

© Ducati - Valentino Rossi möchte die aktuelle Saison auf jeden Fall bei Ducati beenden

Die „Traumehe“ zwischen Valentino Rossi und Ducati wurde beim Saisonauftakt in Katar erneut einer harten Bewährungsprobe unterzogen. Nach dem Neustart bei den Vorsaisontests waren die Erwartungen der Fans und Experten hoch.

Alles andere als ein Podestplatz war nach all den Bemühungen als Enttäuschung zu werten. Doch es kam viel schlimmer: Sowohl im Training als auch im Rennen hatte der einstige MotoGP-Superstar Mühe, den anderen Prototypen zu folgen. Startplatz zwölf und Platz zehn im Rennen waren die schockierende Ausbeute.

Der siegverwöhnte Italiener machte sich nach dem Wochenende im italienischen Fernsehen Luft. Es folgten Spekulationen, um Rossis Zukunft und einen möglichen Wechsel. Wenig später behauptete der neunmalige Weltmeister, Ducati nicht zu verlassen und weiter an der Entwicklung der GP12 zu arbeiten.

Blick zurück

In der Saison 2010, in der Rossi den schwersten Sturz seiner Karriere verdauen musste, wurde bereits im Juni heftig über dessen Zukunft diskutiert. Nach dem Rennen in Brünn wurde verkündet, dass Rossi ab 2011 für Ducati starten wird. Im November war es endlich soweit. Der langjährige Yamaha-Pilot saß beim Nachsaisontest in Valencia erstmals auf der Desmosedici.

Der „Doktor“ war zum Zeitpunkt seiner ersten Ausfahrt mit der Ducati noch nicht fit. Die Nachwirkungen seines schweren Sturzes erschwerten das Kennenlernen mit der charakterstarken Italienerin. Rossi wirkte teilweise wie ein Anfänger, während Casey Stoner auch auf der für ihn neuen Honda gewohnt aggressiv zu Werke ging und Bestzeiten setze.

Am Ende des ersten Tests betrug der Rückstand 1,7 Sekunden. Doch viel schlimmer waren die Erkenntnisse. Rossi wurde bewusst, dass die Lage nicht mit der vor der Saison 2004 vergleichbar ist, als er von Honda zu Yamaha wechselte. Die Ducati hatte größere Defizite als er erwartete. Im Umkehrschluss war er schockiert, dass Konkurrent Stoner mit der Ducati Rennen gewinnen konnte.

Dieser Fakt muss für Rossis Ego ein harter Schlag gewesen sein. Im Kampf konnte er jeden Fahrer schlagen. Unvergessen sind die Szenen aus Laguna Seca 2008, als Rossi seinen Konkurrenten durch einen harten Kampf regelrecht demoralisierte. Und nun erkannte der Fahrer mit den meisten Siegen in der Königsklasse, dass es jemanden gab, der mit der für ihn unfahrbaren Ducati, Rennen gewinnen konnte.

Das sieglose Jahr

Doch für die Saison 2011 hatte der neunmalige Weltmeister einen Trumpf in der Hinterhand: Mit viel Überredungskunst brachte Rossi einen Großteil seiner Crew mit zu Ducati. Besonders Jeremy Burgess machte den Ducati-Fans Mut, hatte er doch bereits bei Honda und Yamaha Weltmeister hervorgebracht.

Rossis Wunderwaffe funktionierte nicht. Erstmals in seiner Grand-Prix-Karriere blieb „Vale“ sieglos. Er konnte an keinem Rennwochenende das Tempo der Spitze mitgehen. Ein dritter Platz in Le Mans war das Highlight der Saison. Ducati änderte an der Desmosedici mehr als je zuvor. Nach wenigen Rennen erhielt Rossi die GP11.1, die viele neue Teile an Bord hatte. Zum Saisonende bekam er einen Lenkkopf aus Aluminium, der andeutete, dass Ducati den Fehler beim Rahmen sucht.

Der Neubeginn

2012 entschied sich Ducati nach vielen Überlegungen dazu, das Konzept radikal zu ändern. Diese strategische Kurskorrektur dürfte dem italienischen Zweiradhersteller schwieriger gefallen sein, als es auf den ersten Blick scheint, führte man Ende 2011 doch das neue Superbike 1199 Panigale ein, welches das innovative Rahmenkonzept der GP11 als Hauptfeature beinhaltet.

Bei den Tests in Sepang wurde die Premiere der GP12 herbeigesehnt, die nun einen konventionellen Kastenrahmen aus Aluminium besitzt. Die ersten Ergebnisse sorgten für Erleichterung. Zwar war man noch klar hinter der Konkurrenz, Rossi berichtete aber von einem deutlich transparenteren Gefühl für das Vorderrad. Dieser Eindruck täuschte. Sowohl die folgenden Tests als auch der Saisonauftakt stellten die GP12 in Frage.

Viele Fragezeichen stehen auch über der Zukunft von Rossi. Nach dem Saisonauftakt wirkte er wenig motiviert. Es wurde bereits gemunkelt, ob er überhaupt noch bis Ende der Saison auf der Desmosedici sitzen wird. Zum Saisonende endet der Zweijahresvertrag zwischen Rossi und Ducati.

Bleibt Rossi bis zum Saisonende?

Sollte der Italiener diesen Vertrag nicht erfüllen, so würde das vor allem finanzielle Folgen haben. Neben dem fehlenden Gehalt müsste Rossi eine Vertragsstrafe verkraften, die sein Privatvermögen durchaus in Turbulenzen bringen könnte.

Zudem wäre solch ein Abgang sicher nicht die beste Variante, wenn es darum geht, sein Image zu erhalten. Zweifellos hat Rossis Ansehen schon Schaden genommen. Mit Podestplätzen zum Ende der Saison könnte er seinen Ruf als guter Entwickler aber wieder etwas gerade rücken.

Doch wie geht es dann weiter? Bereits vor dem Rennen in Katar quellten Gerüchte auf, Rossi könnte mit der Unterstützung von Coca Cola zu Yamaha zurückkehren. Hintergrund: Aktuell leidet der japanische Motorradhersteller darunter, keinen Hauptsponsor zu haben. Rossi könnte diesen Umstand sofort ändern.

Wo fährt Rossi 2013?

Es drängt sich aber die Frage auf, ob Yamaha überhaupt daran interessiert ist, Rossi wieder aufzunehmen. Mit Jorge Lorenzo hat man einen Siegfahrer, dessen Zukunft auf Grund des Alters deutlich aussichtsreicher ist. Ähnlich sieht es bei Honda mit Stoner aus. Zudem würde Rossi stets einen potenziellen Punkteräuber für den Teamkollegen darstellen, sofern er konkurrenzfähig wäre.

Fraglich ist auch, ob Rossi überhaupt noch einen Platz im Werksteam finden würde. Lorenzo erinnert sich mit Sicherheit noch an die Jahre, in denen er sein Teamkollege war. Diese Erinnerungen sind garantiert alles andere als glücklich. Bei Tech 3 hätte es Rossi ebenfalls schwer. Die einzige Lösung, die übrig bleibt, ist ein Ein-Mann-Team. Gegen diese Variante spricht allerdings, dass Yamaha nicht mehr als vier M1 betreiben kann. Eine Ausnahme würde voraussetzen, dass Rossi entsprechend liquide ist, um solch ein Szenario zu finanzieren.

Bei Honda sind mehr als vier Prototypen auf Grund der größeren Ressourcen wahrscheinlicher. Dafür ist das Verhältnis deutlich schwieriger. Noch am wahrscheinlichsten wäre eine Verpflichtung bei Gresini. Das Team benötigt dringend einen italienischen Fahrer. Hauptsponsor San Carlo ist stark an der Verpflichtung eines Italieners interessiert. Fraglich wäre, ob sich Rossi überhaupt mit einer Satellitenmaschine begnügt.

MotoGP ohne Rossi?

Eine nicht zu unterschätzende Rolle für Rossis Zukunft trägt die Dorna. Durch seine Außenwirkung ist „Vale“ für die MotoGP sehr wertvoll. Nach wie vor ist das Interesse groß. Ein um zehnte Plätze kämpfender Rossi ist für die Serie schwierig. Ein möglicher Ausstieg hätte mit Sicherheit große Auswirkungen.

Dessen ist sich die Dorna bewusst. Der Halter der kommerziellen Rechte hat bereits eine Taktik ausgetüftelt, wie man nach Rossis Karriereende den Schaden möglichst gering hält. Durch einen ausgeglichenen Wettbewerb strebt man einen engen Kampf um Siege und Titel an. Spannende Rennen und volle Starterfelder sollen die Fans an die Fernseher fesseln und die Zuschauerränge voll halten – auch ohne Rossi.

Das große Hoffen

Die Ideallösung für Rossi ist also nach wie vor Ducati. Bereits in Jerez kann sich das Blatt wenden. Ducati ist bereit, Rossi zu helfen, auch wenn man wohl bereits das Budget für das MotoGP-Engagement weit überschritten haben soll. Im Gegensatz zu Stoner oder Marco Melandri hat Rossi aber einen großen Vorteil: Ducati hört auf ihn.

Als Melandri hinterherfuhr, suchte man die Schuld beim Fahrer und schickte ihn zur Therapie. Rossi ist eine Legende. Seine Fähigkeiten würde man nie hinterfragen. Um eine Wiederholung der Schmach von Katar zu verhindern, arbeitet Ducati hart. Diese Woche testet man in Mugello. Unter anderem hat man eine neue Schwinge konstruiert, die Rossi und Hayden nach vorn bringen sollen.

Doch nicht nur das Fahrgestell wird diskutiert. Auch beim Motor könnte es zu Änderrungen kommen. In Katar waren die Ducatis auf der Geraden die schnellsten Motorräder, verloren aber durch die schlechte Fahrbarkeit in den Kurven. Ein weiteres Manko des aktuellen Motors liegt in der Gewichtsverteilung. Der 90-Grad-V4-Motor macht eine Zentralisierung der Massen unmöglich. Es ist durchaus denkbar, dass Ducati in Zukunft 75-Grad-Motoren bauen wird.

All diese Änderungen kosten Ducati und Rossi aber Zeit. Umso länger man hinterherfährt, desto schwieriger wird es für Rossi, die Motivation aufrecht zu erhalten. Bereits 2011 hat deutlich am einstigen Seriensieger genagt. Ob er das ein zweites Jahr durchhält, darf bezweifelt werden.

Text von Sebastian Fränzschky

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