Alex Marquez war einer von vier Fahrern, die das Funksystem in Aragon testeten

(Motorsport-Total.com) – Beim MotoGP-Test in Aragon wurde am Montag das Funksystem erneut von mehreren Fahrern ausprobiert.

Die Meinungen fielen unterschiedlich aus: von Begeisterung über vorsichtigen Optimismus bis hin zu klarer Kritik.

Der Test verdeutlichte, dass das System zwar Fortschritte gemacht hat, aber noch Optimierungspotenzial besteht, insbesondere hinsichtlich Verständlichkeit, Komfort und Integration in die Sicherheitsstruktur des Helms.

Das Funksystem wird seit einigen Jahren getestet. In der Anfangsphase war es noch sehr unausgereift und wenig zuverlässig. Mittlerweile wird vermehrt auf Knochenschall-Technologie gesetzt, um den Lärm zu umgehen, der bei Geschwindigkeiten über 300 km/h auftritt. Erste Tests in Misano und bei Privattests zeigten Verbesserungen in der Klangqualität, doch die Meinungen bleiben gespalten.

So äußert sich Johann Zarco, der das System in Aragon selbst testete, eher kritisch. „Ich habe gemerkt, dass sich mein Helm auf meinem Kopf bewegt. Ich bin es gewohnt. Aber wenn du über 300 km/h fährst, hebt sich der Helm ein wenig. Dann berührt das Funkgerät meine Knochen nicht mehr“, erklärt er.

Das führte dazu, dass der LCR-Pilot manchmal etwas hörte und manchmal eben auch nicht. Für ihn sei das System in der jetzigen Form „nicht angenehm“ und insgesamt „nicht gut“.

Zarco wünscht sich System aus der Formel 1
Zarco schlägt vor, statt der Knochenschall-Technologie ein System wie in der Formel 1 einzuführen, mit externen, anpassbaren Ohrhörern, die besser sitzen und gleichzeitig das Gehör schützen könnten. „Ich bin ja schon an Ohrstöpsel gewöhnt.“

„Trotzdem versuche ich, auf meinen Körper zu achten, auf mein Gehör, auf mein Gehirn. Ich merke, dass ich, wenn ich so weitermache, nur mit den Ohrstöpseln, die ich gewohnt bin, mit über 50 Jahren nicht mehr viel hören werde. Also möchte ich mein Gehör besser schützen. Und ich denke, diese adaptiven Ohrstöpsel – dieselben wie in der Formel 1 – könnten mich einen Schritt nach vorne bringen.“

Denn laut Zarco lassen sich mit diesem System die Dezibel auf Schallpegel-Ebene reduzieren. „Und ich persönlich möchte diesen Dezibelpegel senken – mit oder ohne Funk.“

Brad Binder testete das Funksystem am Montag ebenfalls und äußerte sich anders als Zarco äußerst positiv: „Freakin‘ amazing“ nannte er das System. Die Sprachqualität sei unabhängig von Kopfhaltung und Geschwindigkeit durchgehend klar.

Der KTM-Pilot habe auch keinerlei Einschränkungen durch das zusätzliche Equipment gespürt. „Ich war echt beeindruckt. Mein Helm hat sich überhaupt nicht anders angefühlt. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich etwas trage“, erklärt Binder.

„Und egal, ob du Vollgas gibst mit aufgerichtetem Kopf oder dich hinter die Verkleidung duckst, die Nachricht kommt superklar durch.“ Für ihn funktionierte das System reibungslos. Auch die Integration empfand er als unkompliziert: „Ich habe nur den Helm aufgesetzt, und jemand hat mir eine kleine Box in den Höcker gesteckt.“

Ob es wirklich nötig ist, mit den Fahrern auf diese Art zu kommunizieren, darüber ließe sich zwar streiten, räumt Binder ein. „Aber wenn sie das wollen, habe ich nichts dagegen.“

Vor allem im Topspeed-Bereich noch Schwächen
Alex Marquez testete das System zum ersten Mal unter echten Streckenbedingungen. „Ich war offen dafür, es auszuprobieren. Ich habe einen Run damit gemacht, und der war gut“, sagt der Gresini-Fahrer, räumt aber gleichzeitig ein, dass die Verständlichkeit des Funks stark vom jeweiligen Streckenabschnitt abhänge.

„Am Anfang habe ich die Nachrichten gehört. Aber später, als ich bei dem Run gepusht habe und in den 1:46ern unterwegs war, habe ich nicht mehr viel gehört, weil man wirklich konzentriert ist. Auch auf den Geraden, in den Bereichen, die man durchfährt, ist es ziemlich schwer zu verstehen, was gesagt wird.“

Trotzdem sei es „keine schlechte Sache“, so Marquez‘ Fazit. Er zeigte sich offen für weitere Tests, insbesondere da das System ab 2026 voraussichtlich verpflichtend eingeführt werde.

Lorenzo Savadori hat bereits mehrere Male mit dem Funksystem gearbeitet, unter anderem bei Tests in Misano, wo er nicht nur Mitteilungen der Rennleitung erhielt, sondern auch selbst via Mikrofon sprechen konnte. Diesmal ging es aber vor allem ums Hören. Und da sieht Savadori eine technische Weiterentwicklung.

„Damals war das Funk-Pad kleiner. Jetzt ist es größer und besser“, sagt er und betont: „Es ist nicht unangenehm, auch wenn es den Knochen berührt. Das Problem ist eher, wenn man auf der Geraden bei hoher Geschwindigkeit fährt und sich der Helm ein wenig bewegt. Dann ist es sehr empfindlich und man hört manchmal nichts. Wenn die Drehzahl hoch ist, ist es generell schwierig, etwas zu verstehen.“

Savadoris Aprilia-Markenkollege Marco Bezzecchi testete das Funksystem zwar nicht in Aragon. Eine Meinung dazu hat er aber trotzdem: „Also, ich spreche nicht so gern, wenn ich fahre, aber wenn sie mit uns sprechen können, ist das okay.“

Es sei zwar nicht leicht zuzuhören, aber man könne sich sicher dran gewöhnen. Man muss es einfach benutzen, und vielleicht wird es dann irgendwann normal“, so Bezzecchi.

Pramac-Pilot Miguel Oliveira sieht darin vor allem ein zusätzliches Spannungselement für die Zuschauer. „Ich finde es gut, dass wir damit den Leuten zu Hause etwas extra bieten können. Dann reden die Leute über etwas, was sie gar nicht sehen.“

Dabei gehe es nicht nur um Rennsport, sondern auch um Storytelling. Das Funksystem sei eine Möglichkeit, das Produkt MotoGP interessanter zu gestalten, „indem wir den Fans gutes Material bieten, aber auch etwas Neues, um neue Zuschauer anzuziehen“.

Text von Juliane Ziegengeist, Co-Autor: German Garcia Casanova

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