(Motorsport-Total.com) – Auch wenn Maverick Vinales in der Gesamtwertung aktuell nicht der bestplatzierte KTM-Pilot ist: In den Qualifyings und Rennen zog der Tech3-Fahrer schon das ein oder andere Mal die Aufmerksamkeit auf sich. In Mugello wäre ihm womöglich ein Podest geglückt, wäre er nicht abgeräumt worden.
Doch auf die Frage, ob er sich als Topfahrer bei KTM fühle, wiegelt der Spanier ab: „Ich bin nicht wirklich darauf fokussiert, ob ich der Topfahrer bin oder nicht.“
„Ehrlich gesagt, geht es mir darum, an mir zu arbeiten, der beste Maverick zu sein, der ich auf dem Motorrad sein kann. Ob ich der Beste bin? Keine Ahnung, das müssen andere beurteilen“, betont er und hebt die Gleichbehandlung durch KTM hervor.
„Ich denke, KTM gibt allen vier Fahrern das Maximum. Das ist, was ich vom ersten Moment an gespürt haben, und das hat sich nicht geändert. Wir versuchen gemeinsam, etwas Starkes aufzubauen. Mein Gefühl ist, dass das Feedback aller Fahrer analysiert wird, und man versucht, das Beste für uns alle herauszuholen.“
Vinales: Das Familienglück hat ihn verändert
Doch hinter dem „neuen“ Vinales steckt weit mehr als fahrerisches Können: eine innere Entwicklung, die er selbst als seine größte Leistung beschreibt. Im Interview mit der spanischen Sportzeitung AS wird deutlich, wie stark seine Familie – Frau Raquel und die beiden Töchter Nina und Blanca – sein Denken geprägt hat.
„Eine eigene Familie zu haben, war schon als Kind mein Traum. Nachdem ich dieses Ziel erreicht hatte, habe ich mich als Person stark weiterentwickelt, weil ich dadurch Werte gelernt habe, die ich früher nicht kannte, wie Geduld, bedingungslose Liebe. Das hat mich demütiger, klüger und mental stärker gemacht.“
Diese Reife zeigt sich auch in seinem Verhalten auf der Strecke. Auf die Kollision mit Franco Morbidelli in Mugello reagierte er mit Gelassenheit: „Ich habe für mich die Regel: Ein Ärger darf nur zwei Minuten dauern. Danach ist Schluss.“
Vinales‘ neue mentale Haltung ist kein Zufall. Er arbeitet aktiv an sich, liest Bücher zur Persönlichkeitsentwicklung, besonders von Brian Tracy, und betont: „Die Einstellung ist alles. Sie ist der Schlüssel zu allem, was man erreichen will.“
Trotz innerer Ruhe ist seine sportliche Motivation ungebrochen. Sein Ziel ist klar: MotoGP-Weltmeister zu werden. „Ich spüre, dass ich es schaffen kann. Ich weiß nicht, wie oder wo, aber ich bin sicher, dass es möglich ist, wenn ich alles gebe.“
Dabei sieht er KTM nicht nur als Team, sondern als gemeinsames Projekt mit starkem Zusammenhalt: „Wir Fahrer müssen zusammenhalten – Pedro, Brad, Enea, ich. Wenn wir gemeinsam pushen, können wir KTM ganz nach vorne bringen. Die Fabrik hat alle Hebel in Bewegung gesetzt. Jetzt sind wir an der Reihe.“
Dass KTM derzeit nicht die einfachste Maschine ist, gibt Vinales offen zu. „Die KTM ist schwierig. Sie verlangt Präzision auf jedem Meter. Ein kleiner Fehler beim Gasgeben, zehn Prozent zu wenig oder 20 Prozent zu viel, und du verlierst. Aber wenn du den Punkt triffst, bist du richtig schnell“, analysiert der Spanier.
Sein größter Fehler: Ducati-Angebot ausgeschlagen
Was ihn trotz dieser Herausforderung so optimistisch macht, ist die besondere Verbindung zum Team: „Die Energie bei KTM passt zu mir. Das ist mir extrem wichtig.“
Er fühle sich dort verstanden. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. So zerbrach mitten in der Saison 2021 die Beziehung zu Yamaha, wo Vinales seit 2017 unter Vertrag gestanden hatte. „Mit dem Abgang von Yamaha habe ich rund 17 Millionen Euro verloren. Acht Millionen pro Jahr, plus Prämien“, verrät er.
Und er räumt ein: „Jetzt, mit der Reife, die ich habe, glaube ich, ich hätte es dort vielleicht doch zu Ende bringen können.“ Dabei hätte er zu dem Zeitpunkt bereits bei Ducati fahren können. Nicht zu wechseln – seine größte sportliche Fehlentscheidung.
„2018 hatte ich ein Angebot vom Werksteam für 2019 und 2020, als Teamkollege von Dovizioso. Ich war fast dabei“, erzählt Vinales über verpasste Chancen, „aber mein damaliges Umfeld hat mich überzeugt, bei Yamaha zu bleiben. Ein Fehler.“
Dennoch schaut der 30-Jährige nicht mit Groll zurück. Er ist stolz auf den Weg, den er gegangen ist, und überzeugt, dass das Beste noch vor ihm liegt. Sein persönliches Ziel ist, als erster Fahrer überhaupt mit vier verschiedenen Marken in der MotoGP zu gewinnen. Nach Suzuki, Yamaha und Aprilia soll nun KTM folgen.
Text von Juliane Ziegengeist, Co-Autor: Oriol Puigdemont
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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