(Motorsport-Total.com) – Im November 2023 wurde ein neues Concession-System vorgestellt, das die MotoGP-Hersteller anhand der gesammelten WM-Punkte der Herstellerwertung in vier Gruppen einteilt. Im Prinzip sollten die Entwicklungsmöglichkeiten der führenden Marke etwas beschnitten werden und Marken, die nicht erfolgreich sind, mehr Freiheiten bekommen, um technisch aufholen zu können.

Hinter den Kulissen bahnen sich einige Veränderungen der MotoGP an

Ducati wurde in Gruppe A eingestuft, in Gruppe B ist niemand, KTM und Aprilia sind in Gruppe C und Honda sowie Yamaha in Gruppe D (Eine Übersicht zu den Gruppenunterschieden finden Sie hier). An der grundsätzlichen Hackordnung im Feld hat sich nicht viel verändert.

Abgesehen davon wurde die Motorentwicklung für 2025 und 2026 eingefroren, damit die finanziellen Mittel in das neue 850er-Triebwerk für 2027 fließen und sich die Ingenieure voll darauf konzentrieren können.

Dieser „Engine Freeze“ gilt aber nur für Ducati, KTM und Aprilia. Die beiden japanischen Marken können frei entwickeln. In der Praxis investieren Honda und Yamaha deutlich mehr Geld als noch vor wenigen Jahren. Honda baut außerdem eine Entwicklungsabteilung in Italien auf.

Honda und Yamaha investieren derzeit nahezu unbegrenzte Ressourcen, um in der MotoGP wieder konkurrenzfähig zu werden. Gleichzeitig sind die Budgets der drei europäischen Marken deutlich geringer. Dieses Ungleichgewicht könnte sich mittelfristig auswirken.

Sollten Honda und Yamaha die MotoGP wieder dominieren, würden sie zwar in Concession-Gruppe A aufrücken, während die Europäer mehr Entwicklungsmöglichkeiten erhalten. Aber ob sie dann finanziell genug Spielraum hätten, selbst wieder aufzuholen, ist die entscheidende Frage.

Deshalb stellt sich die Frage, ob das neue Concession-System – das auf Druck von MotoGP-Promoter Dorna Sports entworfen wurde, um den beiden japanischen Marken zu helfen – eine ungesunde Kostenspirale in Gang gebracht hat.

„Ja, es ist natürlich müßig, zurückzuschauen, aber unser Wunsch wäre lieber gewesen, die Führenden etwas im Entwicklungstempo einzubremsen und nicht denen, die hinten stehen, mehr Tools zu geben“, sagt Pit Beirer im Gespräch mit Motorsport-Totalcom.

Denn eines ist für den KTM-Motorsportchef auch klar: „Mehr Tools heißt, viel mehr Geld auszugeben.“ Das beste Beispiel dafür ist Yamahas neues V4-Projekt. Es wird ein V4-Motor mit 1.000 Kubikzentimeter Hubraum parallel zum Reihenvierzylinder entwickelt.

Die V4-Yamaha ist ein komplett neues Motorrad, mit neuem Chassis, neuer Aerodynamik, neuer Schwinge und so weiter. Wenn 2027 der Hubraum auf 850 Kubikzentimeter reduziert wird, muss Yamaha dafür wieder einen neuen Motor – und im Endeffekt ein neues Motorrad – entwickeln.

„Da finden Investitionen statt, die sind unglaublich“, findet Beirer. „Und natürlich werden sie dann auch durch diese Investitionen stärker werden. Dann werden wir alle wieder gefordert sein, dagegen zu halten.“ Denn das wäre die ausufernde Kostenspirale.

Budgetobergrenze muss der nächste Schritt sein
Bisher wird über das Reglement versucht, die Kosten in Grenzen zu halten. Es ist nur eine begrenzte Anzahl an Motoren pro Saison erlaubt. Es gibt über das Reifenkontingent Beschränkungen für private Tests. Verkleidungs-Updates sind ebenfalls begrenzt.

In den vergangenen Monaten wurde im Fahrerlager trotzdem eine Budgetobergrenze ähnlich wie in der Formel 1 zur Sprache gebracht. Auch der KTM-Motorsportchef glaubt, dass das ein wichtiger nächster Schritt für die MotoGP wäre.

„Ich glaube, man muss jetzt auch über Kostennachhaltigkeit nachdenken und auch über Preiscaps, wie sie in der Formel 1 stattgefunden haben. Auch die kleineren Teams konnten auf einmal wieder überleben. Das ist natürlich auch über das Preiscap zustande gekommen.“

„Deshalb muss das jetzt hier dringend als nächster Schritt angegangen werden“, findet Beirer. „Jetzt haben wir das Reglement in trockenen Tüchern, der Liberty-Media-Vertrag steht. Soweit ist alles klar, aber jetzt gehört auch dringend als nächster Schritt über einen Cost Cap nachgedacht.“

„Damit einfach die verrückten Entwicklungen nicht stattfinden. Es sind ja sowieso schon Mondraketen, die wir hier bauen. Was die Ingenieure in der MotoGP leisten, ist meiner Meinung nach immer noch nicht transparent genug und der Öffentlichkeit nicht so zugänglich.“

„Was die für Dinge einfach voranbringen an so einem Motorrad, ist unglaublich und trotzdem muss man irgendwo Limits setzen, dass das nicht ins Verrückte abwandert“, hat Beirer eine klare Meinung dazu.

Erste Gespräche zu einer Art Concorde-Abkommen
Ob es in absehbarer Zukunft eine Budgetobergrenze geben könnte, ist derzeit nicht absehbar. Vor der Sommerpause kam es in Brünn zu einem anderen Vorstoß der fünf Hersteller. Sie übermittelten der Dorna ihren Wunsch, die finanziellen Mittel, die die MotoGP generiert, besser zu verteilen.

Die Hersteller streben die Einführung eines Dokuments an, das der bekannten Concorde-Vereinbarung in der Formel 1 ähnelt. Diese regelt die Verteilung der Einnahmen aus den kommerziellen Rechten der Formel 1 unter den Teams.

Ein weiterer Punkt betrifft das Eigentum an den Startplätzen. Diese gehören bislang der Dorna, die sie den Teams jeweils nur zeitlich befristet überlässt. Die Teams fordern entweder rechtliches Eigentum an den Plätzen oder Garantien, die ihnen mehr Entscheidungsfreiheit geben.

Text von Gerald Dirnbeck

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