(Motorsport-Total.com) – Seit der MotoGP-Saison 2025 ist Simon Crafar der Chef-Rennkommissar. Ihm zur Seite stehen die FIA-Kommissare Andres Somolinos und Tamara Matko. Dieses Trio entscheidet, ob es bei Unfällen oder heiklen Situationen Sanktionen gibt und legen das Strafmaß fest.
Der Neuseeländer bestritt 25 Grands Prix in der 500er-Klasse. Unvergessen ist sein einziger Sieg in Donington 1998, als er mit der privaten Yamaha des WCM-Teams vor Honda-Superstar Mick Doohan gewann. Es war der größte Erfolg in seiner Karriere.
Seit 2018 ist Crafar wieder im MotoGP-Paddock präsent, denn er übernahm für die englischsprachige TV-Produktion von Dorna Sports die Rolle des Experten. In diesen Jahren erarbeitete sich Crafar viel Respekt bei den Zuschauern, aber auch bei den Fahrern.
„Ich musste eine völlig neue Karriere lernen – einen ganz neuen Beruf. Das war nicht einfach, auch wenn ich zuvor Fahrer und Coach war“, blickt der 56-Jährige im Gespräch mit unseren italienischen Kollegen von GPOne.com zurück auf seine Zeit als Experte und Kommentator.
„Als ich mit dem Kommentieren begann, gefiel mir mein erstes Jahr gar nicht, weil ich mich nicht gut genug fühlte. Der Anfang war wirklich hart, ich musste viel lernen.“ Aber viele dieser Erfahrungen helfen ihm nun in seiner neuen Rolle als Rennkommissar.
„Ich habe festgestellt, dass viele meiner bisherigen Erfahrungen genau das waren, was ich jetzt brauche. Deshalb habe ich mich von Anfang an sehr wohlgefühlt. Ich bin sehr glücklich – und auch wenn es übertrieben klingen mag: Ich habe das Gefühl, dass ich genau am richtigen Platz bin.“
„Ich hätte das nicht erwartet. Ich dachte, es würde ein bis zwei Jahre dauern, bis ich mich gut fühle. Aber ich habe mich sofort wohlgefühlt und habe Spaß an der Aufgabe, weil ich alles, was ich bisher gelernt habe, hier einsetzen kann.“
Kommunikation mit Fahrern und Teams entscheidend
„Natürlich habe ich auch vorher schon die Dynamik von Unfällen verstanden, aber in meinem früheren Job [als Kommentator] habe ich gelernt, wie man solche Dinge kommuniziert – wie man gut mit Fahrern und Teams spricht. Das ist entscheidend.“
„Wenn du nicht klar mit ihnen kommunizierst, verstehen sie eine Strafe nicht – und du hast es mit wütenden Menschen zu tun.“ Die Fahrer bestätigen, dass sich im Vergleich zu den Vorjahren vor allem eines geändert hat: dass es mit Crafar konstruktive Gespräche gibt.
Das kommt nicht von ungefähr, denn der Neuseeländer war schon in den vergangenen Jahren bei den Medienrunden mit den Fahrern dabei. Er hörte aufmerksam zu und stellte auch Fragen aus der Sicht eines ehemaligen Rennfahrers, um komplexe Dinge zu verstehen.
„Diese Motorräder machen alles schwierig. Genau deshalb ist es heute so wichtig, mit den Fahrern zu sprechen – sie haben oft Informationen, die wir als Stewards nicht haben. Ich höre ihnen immer zu, bevor ich mit meinen Kollegen ein Urteil fälle“, betont Crafar.
Wie und warum Crafar seine Rolle anders definiert
Vorgänger Freddie Spencer, der von 2019 an das Stewards-Panel geleitet hat, wurde von den Fahrern oft für seine Entscheidungen kritisiert. Auch die Gespräche mit dem dreimaligen Motorrad-Weltmeister sollen oft hitzig gewesen sein.
„Als Freddie anfing, war die Aufgabe noch eine andere“, findet Crafar im Rückblick und im Vergleich. „Ich habe Glück gehabt, denn er hat während seiner Amtszeit viele Veränderungen angestoßen. Ich musste nicht die gleichen Schwierigkeiten durchmachen wie er.“
„Anfangs war er noch im selben Raum wie die Rennleitung, aber das Team war ein anderes. Er hat praktisch ein neues Team aufgebaut – und das sehr gut. Ich hatte das Glück, heute einzusteigen und nicht damals.“
Die Rennkommissare sind praktisch die Schiedsrichter der MotoGP und müssen in heiklen Situationen Entscheidungen treffen. Crafar selbst definiert seine Rolle aber anders und sieht sich nicht als der „Bösewicht“, der Strafen austeilt.
„Für mich geht es darum, die Fahrer zu schützen. Die Regeln sind genau dafür da, um Gefahren zu vermeiden. Ich glaube, ein wichtiger Teil meines Jobs ist es, zu verhindern, dass Fahrer dieselben Fehler wiederholen. Und sie vor potenziell gefährlichen Situationen zu bewahren.“
„Ich sehe mich nicht einfach als jemanden, der nur bestraft. Ich wusste, dass die Ausbildung junger Fahrer Teil meines Jobs sein würde, aber ich hatte nicht erkannt, wie wichtig das ist – und ich liebe es.“
Denn ein Augenmerk liegt auch auf der Moto3, damit durch langsames Fahren auf der Ideallinie oder anderes Fehlverhalten keine gefährlichen Situationen entstehen. „Wir versuchen, für diese Fahrer eine sichere Zukunft aufzubauen, wenn sie in die höheren Klassen kommen“, so Crafar.
Text von Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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