(Motorsport-Total.com) – Die ersten zwölf Grands Prix, die die erste Hälfte der MotoGP-Saison 2025 ausmachten, haben im Ducati-Werksteam, dem stärksten Team im Feld, klar unterschiedliche, teilweise gegensätzliche Phasen zu Tage gefördert.
Auf der einen Seite hat Marc Marquez in seinem ersten Jahr in Rot keinerlei Zweifel daran gelassen, dass er weiterhin der beste Fahrer ist, der Mann, den es zu schlagen gilt. Als wäre keine Zeit vergangen, trotz jahrelanger Verletzungen und Krisen bei Honda, hat er einen fulminanten Saisonstart hingelegt.
Acht Siege in den Sonntagsrennen, elf Sprintsiege und fünf Doppelsiege in Folge vor der Sommerpause konnte der achtfache Weltmeister für sich verbuchen. Der Mann aus Cervera steuert geradewegs auf eine neue Weltmeisterkrone zu – mit satten 120 Punkten Vorsprung auf seinen Bruder Alex Marquez.
Auf der anderen Seite hat Francesco Bagnaia zu kämpfen. Der MotoGP-Weltmeister von 2022 und 2023 konnte auf der neuen Desmosedici nicht die gleichen Gefühle finden wie früher. Besonders beim Bremsen und beim Kurveneingang fehlt ihm das Vertrauen, weshalb er deutlich hinter den Erwartungen zurückblieb.
Nur vereinzelt blitzte sein Niveau auf. Doch er wirkte zunehmend frustriert und mutlos, unfähig, die richtigen Stellschrauben zu finden, trotz Änderungen seiner Herangehensweise an den Rennwochenenden und Anpassungen am Motorrad.
Lorenzo: „Bagnaia hat die Realität erkannt“
Jemand, der Ducati, harte Teamrivalitäten und das Teilen der Box mit Marc Marquez sehr gut kennt, ist Jorge Lorenzo. Der fünffache Weltmeister und heutige MotoGP-Kommentator hat mit dem italienischen Magazin Motosprint über die teaminterne Situation bei Ducati und das Verhältnis Marquez/Bagnaia gesprochen.
Zwar schätze er Bagnaias Umgang mit Schwierigkeiten, sagt Lorenzo. Der Italiener habe jedoch die Realität einsehen müssen: dass Marc auf einem anderen Niveau fährt.
„Ich glaube, unabhängig davon, wie er sich auf der GP25 fühlt, hat Bagnaia die Realität erkannt: Marc ist ein Phänomen. Er setzte sich auf die Ducati mit weniger Erfahrung als er und war sofort schneller“, hält Lorenzo fest und zieht den Vergleich.
„Er ist einer dieser Fahrer, die nur alle zehn oder 15 Jahre in die MotoGP kommen, und er gehört in die Kategorie Valentino Rossi, Casey Stoner oder Jorge Lorenzo. Von den Zahlen her ist er sogar besser als wir, auch wenn er noch einen weiteren Titel braucht, um Valentino einzuholen“, so seine klare Analyse.
Auf die Frage, ob Bagnaia die Situation in den verbleibenden zehn Rennen noch drehen könne, antwortet Lorenzo ehrlich: „Eines der Dinge, die ich an Pecco immer geschätzt habe, ist, dass er nie aufgibt. Er ist von seinem Talent und Tempo überzeugt.“
„Letztes Jahr hat er es geschafft, nach schwierigen Rennen wieder an die Spitze zu kommen, also glaube ich, dass er es bis zum Ende versuchen wird. Es wird nicht einfach, angesichts des Niveaus von Marc, aber Pecco ist jünger. Das könnte ihm zugutekommen“, mutmaßt der ehemalige MotoGP-Pilot.
Alex Marquez überrascht, Hoffnung bei Yamaha
Wenn es um den Fahrer geht, der ihn dieses Jahr am meisten positiv überrascht hat, nennt Lorenzo den Namen Alex Marquez. „Niemand hat so eine Saison erwartet. Er stand fast immer auf dem Podium. Ich gratuliere ihm zu seiner Entwicklung.“
Auch den Fortschritt eines anderen Herstellers, den er bestens kennt und mit dem er seine Titel in der Königsklasse gewann, bewertet er: Yamaha. Mit Fabio Quartararo, der dieses Jahr schon vier Poles geholt hat, sieht Lorenzo Fortschritte: „Die Geschwindigkeit über eine Runde ist schon ein erster Schritt.“
„Es wäre viel schlimmer, wenn sie auch im Qualifying langsam wären. Mit neuen Reifen ist die Pace da, jetzt müssen sie am Rennrhythmus arbeiten: In Silverstone hätte Quartararo ohne das technische Problem gewonnen“, blickt Lorenzo zurück.
Schließlich äußert er sich auch zur Vertragsposse zwischen Jorge Martin und Aprilia, die sich seit Rückkehr des Spaniers in Brünn doch noch zum Guten gewendet hat.
„Es scheint klar, dass Jorge bei seiner Unterschrift für Aprilia nicht ganz überzeugt war und verstehen musste, ob er wirklich wieder eine Chance auf den Titel hat. Bei den ersten Tests war sein Vertrauen nicht optimal, also dachte er darüber nach, die Ausstiegsklausel zu ziehen“, fasst Lorenzo die Situation zusammen.
„Ich glaube, aus seiner Sicht hätte man das alles anders handhaben können, indem man zuerst mit der Dorna spricht. In den Medien ist viel Verwirrung entstanden, die man hätte vermeiden können, wenn man direkt mit Carmelo Ezpeleta (CEO von MotoGP-Promoter Dorna; Anm. d. R.) gesprochen hätte.“
Text von Ruben Carballo Rosa, Übersetzung: Juliane Ziegengeist
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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