(Motorsport-Total.com) – Die Rennpremiere auf dem neuen Balaton Park Circuit in Ungarn hat, wie von vielen Fahrern erwartet, für eine turbulente Anfangsphase mit zwei Unfällen gesorgt. Beide Zwischenfälle gingen im MotoGP-Sprint am Samstag glimpflich aus. Fabio Quartararo (Yamaha) und Enea Bastianini (Tech3-KTM) wurden am späten Nachmittag für ihre Aktionen bestraft.

Fabio Quartararo krachte beim Start in Kurve 1 in Enea Bastianini

Doch der Reihe nach. Quartararo stand auf der rechten Seite auf der sechsten Startposition in der zweiten Reihe. Beim Start blieb der Yamaha-Fahrer auch auf der rechten Seite. Vor Kurve 1 war er innen, aber der Ex-Weltmeister bremste viel zu spät und kam mit zu viel Speed zur Kurve.

Er stach an mehreren Fahrern vorbei. Fabio Di Giannantonio (VR46-Ducati) und Marco Bezzecchi (Aprilia) mussten ihre Motorräder aufrichten, als Quartararo rechts an ihnen vorbeirauschte. Dadurch bog Bastianini auf der Außenbahn als Zweiter in die erste Kurve.

Aber Quartararo war immer noch zu schnell und krachte am Kurveneingang in die Seite der KTM. Der Franzose stürzte, Bastianini konnte ohne Sturz zunächst weiterfahren. „Ich habe versucht, nach innen zu gehen“, beginnt Quartararo die Situation aus seiner Sicht zu schildern.

„Für mich war mein Bremspunkt in Ordnung, aber auf dem Dreck auf der rechten Seite begann das Motorrad zu rutschen. Natürlich musste ich, als ‚Diggia‘ vor mir zumachte, komplett die Bremse lösen, um ihn nicht zu treffen.“

„Aber dann hatte ich ein anderes Problem: Ich hatte viele Leute vor mir. Ja, so etwas passiert.“ Quartararo führt die schmutzige Seite der Startaufstellung als Mitgrund dafür auf, dass es zu diesem Unfall in Kurve 1 gekommen ist.

„Ja, dort war es wirklich schmutzig. In der Aufwärmrunde war ich ganz hinten. Ich habe Alex gesehen, der sich ebenfalls auf der rechten Seite befand, und sein Reifen war voller Sand. Wenn du bremst, blockiert das Motorrad sofort und kann nicht mehr anhalten.“

Aber auch das Layout spielt laut Quartararo eine Rolle: „Gleich nach dem Start bist du im dritten Gang. Die erste Kurve im ersten Gang bremst dich wirklich komplett ab. Ich meine, die erste Kurve ist ziemlich eng. Ich denke, sie ist sogar zu eng für die Moto2.“

Als Auslöser dieses Unfalls sprachen die Rennkommissare rund um Simon Crafar eine Long-Lap-Strafe für Quartararo aus. Für den Franzosen, der es als einziger Yamaha-Fahrer ins Q2 geschafft hatte, war der Sprint damit vorbei.

Marc Marquez hat beim Start Glück
Bastianini konnte nach dieser Situation zunächst weiterfahren. „Ich kann Fabios Fehler verstehen“, sieht es der Italiener relativ gelassen. „Er ist zu mir in die Box gekommen, um sich zu entschuldigen, aber ich weiß, wie es ist.“

„Bei diesem Kontakt wurde ich sehr hart am Rücken getroffen. Jetzt fühle ich mich nicht so gut, aber es ist nichts gebrochen“, gibt der KTM-Fahrer Entwarnung. Glück hatte in dieser Situation auch Marc Marquez, der verschont blieb und durch das Chaos sofort einen Vorsprung hatte.

„Ich habe nichts gespürt, aber ich habe etwas gehört. Ich habe Motoren ganz nah gehört“, schildert der Ducati-Fahrer. „In diesem Moment habe ich die Bremse gelöst, das Motorrad etwas aufgerichtet und weiter eingelenkt – nur für den Fall. Ja, ich habe etwas gehört.“

Warum Bastianini dann mit Zarco kollidiert ist
Marquez fuhr daraufhin ungefährdet zu seinem 13. Sprint-Sieg in dieser Saison. Bastianini reihte sich nach der Kollision mit Quartararo hinter Johann Zarco (LCR-Honda) und Alex Rins (Yamaha) an der 18. Stelle wieder ein.

Aber in der ersten Runde krachte es in Kurve 11 erneut. Diesmal war es Bastianini, der in die Seite von Zarco knallte und den Franzosen mit zu Boden riss. Rins konnte über das Kiesbett ausweichen, verlor dadurch aber den Anschluss an das Feld.

„Das Device war kaputt“, nennt Bastianini den Grund, warum er vor dieser Kurve nicht richtig verzögern konnte. Bei dem Rammstoß von Quartararo wurde also das hintere Ride-Height-System beschädigt. Dadurch war das Heck der KTM abgesenkt, als er auf Kurve 11 zufuhr.

Der Mechanismus löste sich nicht, als Bastianini die Bremse betätigte. „Ich kam zu der Kurve mit dem Heck unten. Ich habe versucht, viel früher als sonst zu bremsen, aber ich konnte das Motorrad nicht stoppen“, schildert der Italiener. Somit kam es zur Kollision mit Zarco.

Im Anschluss an das Rennen wurde Bastianini von den Rennkommissaren vorgeladen, um seine Sicht der Dinge darzulegen. „Simon muss verstehen, warum es passiert ist. Ich habe ihm die Daten gezeigt“, sagt er über die Aussprache mit Simon Crafar.

Die Rennkommissare drückten kein Auge zu. Weil Bastianini einen Unfall verursacht hat, erhält er zwei Long-Lap-Strafen. Warum sind es bei ihm zwei und bei Quartararo nur eine? Weil Bastianini in Le Mans einen Startunfall ausgelöst hat, und es nun sein zweites Vergehen war.

Und was sagt Zarco dazu, dass er aus dem Rennen katapultiert wurde? „Mir geht es gut, aber das Motorrad ist komplett zerstört. Alles am Motorrad ist kaputt. Das ist schade“, seufzt der Franzose. „Bastianini hat wieder einen Fehler gemacht.“

„Er macht solche Fehler oft in einem Rennen. Wenn er etwas weiter hinten ist, versucht er verrückte Dinge. Manchmal hat er Glück und kriegt die Kurve. Manchmal stürzt er und erwischt andere Fahrer, und das ist einfach schade.“

Hat sich Bastianini bei Zarco entschuldigt? „Nein, er ist nicht gekommen, um sich zu entschuldigen. Nicht einmal, als er im Kies lag. Er war verärgert, also habe ich ihn gefragt, ob es ihm gut geht. Ich bin derjenige, der sich aufregt, und ich war auch derjenige, der gefragt hat, ob es ihm gut geht.“

Überholen im Balaton Park praktisch unmöglich
„Aber das liegt daran, dass ich auf die anderen Fahrer achte“, findet Zarco. Der Tenor der Fahrer lautete nach dem Sprint, dass sie auch am Sonntag in den Rennen mit Kollisionen in der Startphase rechnen. Bei einem normalen Rennverlauf ist Überholen praktisch unmöglich.

Ein Beispiel dafür war das Duell zwischen Jorge Martin (Aprilia) und Pedro Acosta (KTM) um den zehnten Platz. In der sechsten Runde griff Acosta in der Linkskurve 4 an. Aber er verpasste den Scheitelpunkt und stürzte außen auf dem schmutzigen Teil des Asphalts.

„Ich habe alles versucht, um Martin zu überholen. Aber es ist ziemlich schwierig, die Bremspunkte irgendwie zu treffen. Außerdem kannst du auf dieser Strecke nicht einfach einen Meter weit rausgehen“, schildert Acosta das Dilemma auf diesem Kurs.

„Wenn du weit gehst, dann sind es gleich drei oder vier Meter. Und du musst den anderen Jungs auch den Platz lassen, dich zurückzuüberholen. Jorge war auch ziemlich schnell. Ich habe einfach versucht, ihn zu überraschen und ihn an einer anderen Stelle zu überholen.“

„Sicher ist: Morgen werde ich es so nicht noch einmal versuchen“, betont Acosta. Denn solche Manöver können auf dem Balaton Park Circuit schiefgehen, wie dieser Zweikampf gezeigt hat. Spektakuläre Duelle sind deshalb für den Grand Prix nicht zu erwarten.

Zwei gefährliche Situationen am Samstag
Freitagabend wurde in der Sicherheitskommission allgemein über die Strecke diskutiert. Die Fahrer teilten ihre Meinungen mit den Offiziellen von FIM und Dorna. Viel sickerte über dieses Treffen nicht durch, aber Luca Marini verriet einige Details.

„Nachdem wir mit den Sicherheitsleuten der Dorna gesprochen haben, sind wir nicht zu dem Schluss gekommen, dass wir viele Dinge ändern müssen, weil die Strecke letztlich sicher wirkt“, so der Honda-Fahrer. „Bei allen Stürzen ist bisher nichts Ungewöhnliches passiert.“

„Es ist einfach eine ungewöhnliche Strecke, die nicht sehr gut zu einem MotoGP-Bike passt, aber es ist in Ordnung. Es ist schlicht eine andere Art von Rennen im Vergleich zu üblichen Strecken. Natürlich ist Sicherheit das Wichtigste.“

„Aber die Tatsache, dass es schwer ist zu überholen – am Ende ist es wie in der Formel 1. Dort gibt es auch Rennen, die so verlaufen“, sagt Marini, ohne mit dieser Tatsache glücklich zu sein. „Ich denke, morgen wird es genauso sein. Die ersten beiden Kurven machen den Unterschied.“

Die erste brenzlige Situation gab es bereits am Vormittag im MotoGP-Qualifying. Beim Sturz von Acosta in Kurve 8 überschlug sich sein Motorrad mehrfach im Kiesbett, stieg auf und prallte gegen den Posten eines Kameramanns, der zum Glück nicht direkt getroffen wurde.

Samstagmittag musste das erste MotoE-Rennen nach einem Unfall in der ersten Runde unterbrochen werden. Der Ungar Tibor Erik Varga war gestürzt und wurde vom nachfolgenden Mattia Casadei getroffen.

Varga wurde ins Krankenhaus gebracht, kehrte aber am Nachmittag wieder zurück ins Paddock. Bei ihm wurde eine Gehirnerschütterung diagnostiziert. Am zweiten MotoE-Rennen konnte der Lokalmatador nicht teilnehmen.

Text von Gerald Dirnbeck

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