(Motorsport-Total.com) – Nach sieben perfekten Grand-Prix-Wochenenden fand Marc Marquez in Barcelona seinen Meister. Der Saison-Dominator gewann zwar den Sprint, aber auch nur, weil sein jüngerer Bruder Alex Marquez kurz vor dem Ziel in Führung liegend gestürzt war. Am Sonntag unterlief dem Gresini-Fahrer kein Fehler. Er ließ seinem älteren Bruder keine Chance und holte sich den Heimsieg.
„Ja, aber ich habe euch schon seit Österreich, glaube ich, oder seit der Sommerpause gesagt, dass irgendwann der Tag kommen wird, an dem jemand schneller ist als ich – und das muss ich akzeptieren“, nimmt Marc Marquez das Ende seiner Siegesserie locker.
„Diesen Satz habe ich immer wieder gesagt, und heute hat Davide Tardozzi zu mir gesagt: Vielleicht ist heute dieser Tag. Ich habe es versucht. Ich habe das ganze Wochenende über mein Bestes gegeben.“
„Seit dem ersten Training hatte Alex immer ein bis zwei Zehntel mehr als ich – mit einem neuen Reifen sogar noch ein bisschen mehr. Aber vor allem mit dem gebrauchten Reifen war sein Rhythmus etwas zu stark für mich.“
„Trotzdem habe ich es versucht“, betont Marc Marquez, dass er seinem Bruder nichts schenken wollte. „In der ersten Rennhälfte war meine Strategie, ihm zu folgen. In Runde drei oder vier habe ich auf der Zielgeraden sogar das Gas zugedreht, weil die Strategie war, hinter ihm zu bleiben.“
„Ich wollte die Reifen schonen, eine Lücke zum Drittplatzierten aufbauen und in der Schlussphase angreifen. Das habe ich dann auch gemacht. Als noch acht oder sieben Runden zu fahren waren, habe ich versucht, das letzte Mal anzugreifen.“
„Doch in Kurve 7 bin ich etwas weit gegangen, dann habe ich in Kurve 10 versucht, es wieder gutzumachen, aber ich bin noch weiter rausgekommen. In diesem Moment habe ich aufgegeben. Der zweite Platz war genug, weil gestern und heute ein Fahrer einfach schneller war als ich.“
Alex Marquez macht keinen Fehler wie im Sprint
Bis zur 19. Runde klebte Marc Marquez der hellblauen Gresini-Ducati wie ein Schatten am Hinterrad. Alex Marquez bekam auf seiner Boxentafel lange nur einen Vorsprung von wenigen Zehntelsekunden angezeigt. Trotzdem hielt er dem Druck stand und machte keine groben Fehler.
„Dieser Fehler [im Sprint] tut mir immer noch weh, er ist immer noch in meinem Kopf präsent“, gibt Alex Marquez nach seinem Sieg zu. „Aber ja, das war der beste Weg, das ein bisschen zu vergessen. Ich muss auch sagen, dass mir dieser Fehler heute geholfen hat, zu gewinnen.“
„Denn ich habe in dieser Kurve immer extrem spät gebremst und genau dort diesen Fehler gemacht. Ich bin wirklich glücklich damit, wie ich das Rennen gemanagt habe. Es war nicht einfach, Marc 24 Runden lang hinter mir zu halten.“
„Ich musste auch die Reifen managen, alles kontrollieren. Ich bin ein perfektes Rennen gefahren, ohne auch nur den kleinsten Fehler zu machen – immer sauber auf der Linie, immer in einem guten Rhythmus.“
Wo war Alex Marquez besser?
Und wo machte Alex Marquez letztendlich den entscheidenden Unterschied? „Er ist extrem stark in meinen Schwachpunkten“, erläutert Marc Marquez. „Das sind die langen Rechtskurven – besonders Kurve 3, Kurve 9, Kurve 13 und 14 sowie die letzten beiden Kurven.“
„Dort ist er wirklich großartig gefahren: sehr flüssig, das Motorrad war stabil. Ich war direkt hinter ihm, mit demselben Speed, aber ich musste ständig gegen das Motorrad kämpfen. Das hängt mit dem Fahrstil zusammen, nicht mit dem Motorrad selbst, denn wir haben beide das gleiche Bike.“
„Er fährt diese Passagen einfach besser. Ich habe versucht, in den Linkskurven zu kompensieren, aber es gibt nur drei Linkskurven, in denen ich ein wenig Zeit gutmachen konnte.“ Letztendlich konnte Marc Marquez seinem Bruder folgen, aber in der Schlussphase nicht mehr zulegen.
„Es war genau das gleiche Rennen wie im vergangenen Jahr hier mit ‚Pecco'“, vergleicht Marc Marquez. „Das ganze Rennen hinterherfahren, und in den letzten Runden hatten sie einfach ein bisschen mehr. Heute mit Alex war es genauso wie im vergangenen Jahr hier mit ‚Pecco‘.“
Ein ganz wichtiger Erfolg für Alex Marquez
Für Alex Marquez war es nach Jerez im Frühjahr sein zweiter MotoGP-Sieg. Damals stürzte Marc Marquez früh im Rennen und war deshalb nicht bei der Siegerehrung auf dem Podest dabei. Ende Mai konnte Alex Marquez seinen älteren Bruder im Silverstone-Sprint besiegen.
Nun gelang ihm dies im direkten Zweikampf zum ersten Mal in einem Grand Prix. „Ich bin sehr glücklich darüber, denn das war der beste Weg, wieder auf unser gewohntes Level und zu unseren gewohnten Ergebnissen zurückzukehren“, strahlt Alex Marquez.
Stand er nach dem Sturz im Sprint unter speziellem Druck? „Nein, dieses Wochenende war ich einfach im Flow. Und natürlich wusste ich, dass der Druck da ist. Aber für mich ist er jedes Wochenende da, weil die Leute dich immer beobachten.“
„In der ersten Saisonhälfte waren wir super, super schnell. Es ist also normal, dass der Druck da ist und die Leute von dir erwarten, dass du dieses Niveau hältst. Es war einfach ein extrem wichtiges Wochenende auf einer sehr guten Strecke für mich. Jetzt müssen wir genauso weitermachen.“
Mit dem Ergebnis des 15. Rennwochenendes der Saison führt Marc Marquez die WM-Wertung nun 182 Punkte vor Alex Marquez an. Das bedeutet, dass Marc Marquez am kommenden Wochenende in Misano noch keinen Matchball hat. Theoretisch könnte Marc Marquez frühestens in Motegi zum insgesamt neunten Mal Motorrad-Weltmeister werden.
Text von Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
Motorsport-Total auf Facebook
Motorsport-Total auf




Neueste Kommentare