(Motorsport-Total.com) – Nach einer langen Verletzungspause meldete sich Jorge Martin beim Grand Prix von Tschechien eindrucksvoll auf der MotoGP-Bühne zurück: mit einem siebten Platz im Grand-Prix-Rennen von Brünn und Platz elf im Sprint am Samstag.
Dabei ging es für den Spanier nicht nur um Ergebnisse, sondern vor allem um Emotionen, Lernprozesse und das Zurückgewinnen von Vertrauen in sich selbst und die Aprilia RS-GP.
„Zuerst einmal bin ich einfach nur dankbar, heute das Rennen beendet zu haben“, erklärte Martin nach dem Grand Prix. Die Rückkehr nach der Verletzung sei emotional aufgeladen gewesen. „Es war ein wirklich intensives Wochenende, weil alles so unvorhersehbar war – all die Gefühle“, räumt der 27-Jährige ein.
Besonders vor dem Rennen hätten sich diese Gefühle hinter den Kulissen Bahn gebrochen: „Ich habe im Motorhome mit meiner Familie viel geweint, einfach beim Anziehen der Lederkombi. Das, was ich durchgemacht habe, war wirklich hart.“
Rennergebnis über den eigenen Erwartungen
Umso beeindruckender war seine Leistung in Brünn: Martin erwischte einen guten Start ins Rennen und verfolgte eine durchdachte Strategie: „Ich habe versucht, ein bisschen körperliche Energie zu sparen und die Reifen zu schonen für das Ende.“
„Ich wusste nicht, was nach zehn Runden passiert, weil das die längste Distanz war, die ich bisher geschafft habe.“ Danach sei es vor allem darum gegangen, sein Tempo zu halten und aus den Runden Erkenntnisse für die Zukunft zu gewinnen.
Das Wochenende empfand er als schrittweisen Aufbau: „Freitag war noch sehr angespannt, Samstag dann besser und heute nochmal besser. Ich weiß, dass das Team an mich glaubt, und ich glaube an sie und das Projekt. Ich bin überzeugt, dass wir ein riesiges Potenzial haben.“ Das sieht man bereits an Marco Bezzecchi.
Martins Teamkollege führte das Rennen in Brünn zeitweise an und wurde am Ende Zweiter hinter Marc Marquez. „Ich dachte, Marco hätte das Rennen gewonnen, weil ich ihn vorne sah, aber am Ende war er es nicht“, gibt Martin zu. „Trotzdem freue ich mich für Aprilia. Ich fange an, mich wie zu Hause zu fühlen.“
In der Entscheidung, nach der Verletzung bei Aprilia zu bleiben, sieht sich Martin nach Brünn bestätigt: „Ich glaube, ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Wir werden es nie mit Sicherheit wissen, aber ich bin glücklich, wo ich jetzt bin.“
Dass er mit Platz sieben über seinen eigenen Erwartungen lag, unterstreicht das: „Gestern bin ich Elfter geworden und habe am Ende gelitten. Heute, mit dem Medium-Reifen, fühlte ich mich viel besser.“ Dabei habe auch seinen Fahrstil angepasst.
„Ich bin jemand, der am Kurvenausgang viel über das Gas arbeitet. Gestern habe ich dabei den Hinterreifen zu stark belastet. Heute war ich sanfter. Das hat sich am Ende ausgezahlt.“
Starker Auftakt im Sprint, Lernmodus aktiviert
Rückblickend auf den Sprint gab Martin zu: „Ich war etwas nervös vor dem Rennen. Auch ein bisschen ängstlich wegen des Starts. Ich dachte, das Qualifying wäre besser, aber Platz zwölf war das Maximum.“ Dennoch legte er einen starken Start hin, war in der ersten Kurve bereits Sechster. „Das war großartig.“
In der Folge ging es ihm vor allem ums Lernen. „In den ersten zwei, drei Runden hätte ich vielleicht Marco überholen können. Aber ich dachte, der bessere Weg sei es, hinter ihm zu bleiben und seine Linien zu studieren. Er fährt das Motorrad perfekt.“
Diese Herangehensweise zeigt: Martin denkt langfristig. „Ich durchlaufe gerade diesen Moment, in dem ich Runden brauche, um Vertrauen zu gewinnen. Und ich glaube an den Prozess, denn es ist ein weiter Weg.“ Doch die Richtung stimme bereits.
Gefragt nach den größten Herausforderungen, erklärte Martin: „Im Moment ist es alles ein bisschen. Aber das Vertrauen wächst. Selbst in der letzten Runde des Sprints habe ich mich in den ersten beiden Sektoren noch verbessert. Und mit dem Set-up habe ich zum ersten Mal das Gefühl gehabt, ein Limit zu spüren.“
Auch körperlich sei er auf einem guten Weg: „Die rechte Körperseite war nach dem Sprint müde, weil dort die Rippen verletzt waren. Es ist wie Tetris, alles muss sich fügen.“
Und genauso ist mit dem Gefühl fürs Motorrad. Doch im Vergleich zum Test, den Martin vorab in Misano absolvierte, konnte er schon Fortschritte sehen und vor allem im Pulk dazulernen. „Ich bin ein anderes Motorrad gewohnt. Aber ich glaube, wir werden dort ankommen, wo wir hinwollen“, zeigt er sich zuversichtlich.
Martin sieht entscheidenden Unterschied zur Ducati
Dabei gehe es jetzt um Feinheiten. Ein technisches Detail fiel ihm bei der Analyse bereits auf: „Mit dem Motorrad, das ich früher fuhr, hatte ich am Ende der Bremsphase nicht genug Vertrauen und bin oft weiter rausgetragen worden. Mit diesem Bike habe ich das Gefühl, dass ich später bremsen und enger einlenken kann.“
Das in seinen Fahrstil zu integrieren und sein Limit zu finden, werde ihn weiter nach vorne bringen. Da ist sich Martin sicher. „Es ist nur eine Frage der Zeit“, hält er nach seinem ersten Rennwochenende seit der schweren Verletzung in Katar fest.
Er sieht sich auf dem richtigen Weg und geht mit realistischen, aber ambitionierten Zielen in die kommenden Rennen: „Ich will nicht über Ergebnisse nachdenken. Aber ich habe drei, vier Rennen im Kopf, wo ich mir zutraue, ums Podium zu kämpfen. Das ist das Ziel für den Rest der Saison, und dann bereit sein für nächstes Jahr.“
Text von Juliane Ziegengeist, Co-Autor: Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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