(Motorsport-Total.com) – Die starke Performance von Alex Marquez, das Bekenntnis zu Fermin Aldeguer und Fabio Di Giannantonio sowie weitere Faktoren schaffen das ideale Szenario dafür, dass Ducati im kommenden Jahr sechs identische Motorräder in der MotoGP an den Start bringen könnte.
In den vergangenen rund zehn Jahren – seit dem Einstieg von Gigi Dall’Igna als Generaldirektor – hat sich Ducati gegenüber der Konkurrenz im MotoGP-Fahrerlager einen erheblichen Vorsprung erarbeitet.
Das Projekt in der Königsklasse ist in allen Bereichen hervorragend aufgestellt. Das Herzstück ist das Motorrad, das bis ins letzte Detail ausgereizt wird. Ein Satellitenteam zahlt rund zwei Millionen Euro, um die aktuelle Version zu erhalten. Für das Vorjahresmodell halbiert sich der Betrag.
Es gab sogar Jahre, in denen drei verschiedene Jahrgänge gleichzeitig im Feld unterwegs waren, wie etwa 2021. Die Desmosedici ist nicht nur auf der Strecke siegfähig, sondern schwächt die Konkurrenz auch abseits davon.
In einem Ausmaß, dass Marc Marquez freiwillig auf das letzte Honda-Vertragsjahr 2024 und damit auf etwa 20 Millionen Euro verzichtete, um auf eine Ducati umzusteigen, die nicht einmal dem neuesten Stand entsprach.
Schon der erste Test mit dem Gresini-Team in Valencia genügte, um ihm zu zeigen, dass das Problem nicht bei ihm lag. Selbst mit dem Vorjahresmodell gewann Marc Marquez Rennen. Der Rest ist eine Geschichte totaler Dominanz.
Neben dem besten Fahrer-Motorrad-Paket agiert Ducati auch ökonomisch äußerst effizient und nutzt sämtliche Ressourcen optimal. Bislang diente das Versprechen eines Werksvertrags als Lockmittel, um junge Talente wie Aldeguer zu gewinnen.
Dazu gibt es strategische Partnerschaften – wie etwa die Aufwertung von VR46 zu einem Semi-Werksteam. Ein Privileg, das zuvor nur Pramac hatte. Diese Strategie ermöglichte es Ducati auch, Vorjahresmodelle an Kundenteams weiterzugeben.
Problematische Situation bei den Wintertests
Für 2026 könnte sich aufgrund mehrerer Umstände ein Szenario abzeichnen, dass alle sechs Fahrer das gleiche Motorrad erhalten. Wie Motorsport.com Spanien, eine Schwesterplattform von Motorsport-Total.com im Motorsport Network, in Erfahrung gebracht hat.
Ein zentrales Thema der Wintertestfahrten war der Vergleich zwischen der GP25 und dem als „perfekt“ geltenden 2024er-Modell. Beim letzten Wintertest in Thailand kündigte Ducati an, nur einen einzigen Motor für alle Fahrer zu homologieren.
Eine Entscheidung, die es seit Jahren nicht mehr gegeben hatte. „Alle Ducati-Fahrer werden mit dem 2024er-Motor fahren“, erklärte damals in Buriram Teammanager Davide Tardozzi. Doch innerhalb von zwei Wochen änderte sich die Lage.
Das Technikteam unter Dall’Igna entschied sich, die Motoren von Marc Marquez, Francesco Bagnaia und Di Giannantonio (dem Werkstrio) von jenen von Alex Marquez, Aldeguer und Morbidelli zu unterscheiden.
„Tatsächlich gibt es zwei Spezifikationen“, bestätigte ein Ducati-Sprecher zum Saisonauftakt in Thailand. „Die modernere Spezifikation berücksichtigt Rückmeldungen von Marc und ‚Pecco'“, so die Quelle, die jedoch betonte, dass die Unterschiede „gering“ seien.
Gleiches Motorrad würde alles einfacher machen
Fünf Monate später stellt sich die Lage ganz anders dar. Marc Marquez dominiert mit überwältigender Überlegenheit – zehn Siege bei zwölf Rennen, dazu elf Sprint-Siege. Einzig sein Bruder konnte ihm mit der älteren 2024er-Version phasenweise Paroli bieten.
Bagnaia hingegen sucht weiter nach Antworten für das fehlende Gefühl. Di Giannantonio kämpft nach Verletzungen um Konstanz, Aldeguer hat mit einem Podium und starken Schlussphasen in den Rennen auf sich aufmerksam gemacht. Morbidelli startete stark, baute aber zuletzt ab.
Nur bei Morbidelli läuft der Vertrag Ende des Jahres aus. Ducatis Versuch, Pedro Acosta zu verpflichten – er selbst wollte aus seinem KTM-Deal aussteigen – war erfolglos. Der junge Spanier hat akzeptiert, dass er auch 2026 bei KTM bleibt.
Di Giannantonio hat einen offiziellen Ducati-Vertrag bis Ende 2026. Alex Marquez ist an Gresini gebunden, Aldeguer hat einen Ducati-Vertrag. Sein Vertrag sieht vor, 2025 mit einem Standard-Motorrad wie Alex zu fahren und 2026 die aktuelle Spezifikation zu erhalten.
Angesichts der Leistungen hat sich Alex Marquez zweifellos ein aktuelles Modell verdient, auch wenn sein Vertrag das nicht vorsieht. Alex hat eindrucksvoll bewiesen, dass er auch ohne seinen Bruder überzeugt – durch Tempo und Konstanz.
Das spricht dafür, dass beide Gresini-Fahrer im nächsten Jahr das aktuelle Modell erhalten. Nur Morbidelli mit einer anderen Spezifikation auszustatten, ergäbe wenig Sinn. Deshalb könnten alle sechs im nächsten Jahr mit dem gleichen Motorrad fahren.
Die Motoren sind seit der Homologation in Buriram 2025 eingefroren. Mit den gesammelten Daten aus 2025 kann Ducati zwischen zwei Versionen wählen – der weiterentwickelten Variante von Marc Marquez, Bagnaia und ‚Diggia‘ sowie der die älteren (Alex, Aldeguer, Morbidelli).
Zwischen Ducati und dem Rest der Hersteller klafft eine nahezu uneinholbare Lücke. Daher werden alle anderen 2026 als Übergangsjahr betrachten und Ressourcen schonen. Die neue Reglementgeneration 2027 nährt die Hoffnung auf ein verändertes Kräfteverhältnis.
Text von Oriol Puigdemont, Übersetzung: Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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