(Motorsport-Total.com) – Im vergangenen Winter hat Honda einen Fortschritt mit der RC213V geschafft. Romano Albesiano, der neue Technikdirektor, und das verstärkte Testteam mit Aleix Espargaro sowie dessen Crewchief Antonio Jimenez nahmen keine großen Veränderungen vor. Aus den vorhandenen Puzzleteilen wurde jedoch ein funktionierendes technisches Grundpaket geschnürt, das besser funktionierte.

Honda ist hinter den drei europäischen Marken auf dem vierten Platz

„Ja, das kann ich so bestätigen“, sagt Klaus Nöhles im Gespräch mit Motorsport-Total.com. Der Deutsche ist Crewchief des Idemitsu-Bikes im LCR-Team. „Die Strukturen bei Honda haben sich ganz klar geändert und ich will sagen, deutlich organisierter, strukturierter.“

„Es sind eine Menge mehr Leute da, die aber auch gut geführt werden. Alle haben ihre Funktionen und somit hat sich jetzt auch die Arbeitsweise bei Honda geändert. Es wurden jetzt einfach die positiven Sachen in eine gute Kombination gebracht.“

„Ich denke, man sieht auch von außen, dass wir uns nicht um 180 Grad gewendet haben, aber das Gesamtpaket ist einfach ein bisschen besser.“ Das zeigte sich zu Saisonbeginn besonders an den Leistungen von Johann Zarco. Im Argentinien-Sprint wurde er Vierter und im Grand Prix Sechster.

In Katar gelang dem Franzosen am Sonntag ein vierter Platz. Die Performance-Kurve zeigte nach oben. Highlights waren Zarcos Sieg im verregneten Le Mans sowie Platz zwei in Silverstone – beide Topergebnisse kamen unter speziellen Bedingungen zustande.

Aber seither ist der Faden gerissen. Zarco konnte nicht mehr auftrumpfen. Joan Mir wurde in diverse Zwischenfälle verwickelt. Luca Marini gelang bei seinem Comeback nach Verletzung auf dem Sachsenring Platz sechs – aber nur zehn Fahrer sahen die Zielflagge.

Für Mir ist klar: „Es ist nun der Moment, in dem wir Hilfe brauchen. Wir benötigen etwas Unterstützung von Honda. Wir brauchen bei der Performance eine Verbesserung, um weiter einen Schritt nach vorne machen zu können.“

„Denn wenn wir keinen weiteren Schritt nach vorne machen, werden die anderen es tun und wir werden einen Schritt zurückmachen – und das können wir uns nicht leisten.“ Im Anschluss an den Grand Prix von Tschechien flog Mir nach Japan, um Honda einen Besuch abzustatten.

Nakagami verwundert: Wo bleiben die getesteten Entwicklungen?
Auf dem Programm standen für den Ex-Weltmeister Aerodynamik-Tests im Windkanal. Außerdem wollte Mir mit den Ingenieuren sprechen, wann neue Entwicklungen kommen. Denn vor der Sommerpause hieß es von den Fahrern regelmäßig, dass sie sehnsüchtig auf neue Teile warten.

Auch Testfahrer Takaaki Nakagami wundert sich, dass nichts gekommen ist, denn er hat in den vergangenen Monaten viele Entwicklungen ausprobiert: „Wir haben ein paar Teile getestet, bei denen ich gesagt habe: Das ist die richtige Richtung, und dieses Teil ist wirklich gut für mich.“

„Aber aus irgendeinem Grund – vielleicht aus Sicherheitsgründen – können sie es nicht an das Rennteam liefern. Ich weiß nicht, warum. Vielleicht sind sie sich nicht sicher oder brauchen mehr Zeit, um sicher zu sein.“

„Ich hatte zum Beispiel auf eine neue Aerodynamik oder ein neues Chassis gehofft, oder auf die Schwinge aus Carbon. Wir haben damit vor ein paar Rennen getestet, aber jetzt ist sie verschwunden.“

„Ich weiß nicht warum, vielleicht gibt es einen Grund, vielleicht aus Sicherheitsgründen“, rätselt Nakagami. „Aber im Moment ist es ein etwas gemischtes Gefühl, denn ich weiß, dass sie im Hintergrund wirklich hart arbeiten. Aber es scheint nicht einfach zu sein.“

Auch Aleix Espargaro arbeitete mit der Carbon-Schwinge und nannte sie einen Fortschritt. An die Rennteams wurde diese Entwicklung vor der Sommerpause allerdings nicht weitergegeben. Honda ist bekannt für die konservative Herangehensweise.

Nöhles bestätigt: Honda bleibt Sicherheitsphilosophie treu
Wenn eine neue Entwicklung nicht ausgetestet ist, wird sie nicht an die Rennteams weitergegeben. Das verlangsamt das Entwicklungsrennen. Die drei europäischen Marken riskieren mehr, bringen früher neue Teile und beschleunigen damit die Entwicklung.

Auch Nöhles bestätigt, dass sich Honda diesbezüglich nicht verändert hat: „Nein, das ist nach wie vor da. Da hat Honda ganz klar eine sehr hohe Sicherheitsphilosophie. Ich glaube, dass die europäischen Hersteller da einen Vorteil haben, mehr Risiko zu gehen.“

„Ich glaube, dass Honda das weiß und auch daran arbeitet. Wir haben uns da verbessert, aber wir gehen nicht das Risiko ein, das die Europäer eingehen. Da muss ich gestehen, ist es bei Honda nach wie vor so, dass wenn irgendetwas nicht wirklich garantiert ist, wird es nicht eingesetzt.“

„Da wird nie das Leben des Fahrers in dem Sinne riskiert werden. Auf der anderen Seite hat Honda ein extrem großes Know-how, Budget und Potenzial, Sachen zu machen.“ Denn der größte Motorradbauer der Welt hat die meisten Ressourcen zur Verfügung.

Kommunikation zwischen Europa und Japan wird besser
Nöhles erkennt trotzdem Bewegung in diesem großen Apparat: „Man sieht, dass die Ansprechpartner andere werden, gewisse Meetingstrukturen. Wir hatten auch vorher viele Meetings, aber die Verarbeitung, die Analyse, was wird verstanden, was ist die Reaktion darauf?“

„Das ist jetzt einfach noch strukturierter, gebündelter. Honda baut ja auch ein Technikcenter in Italien, wo auch Japaner mittlerweile leben und einfach die Brücke direkt zu Japan machen. Das ist ein ganz großer Schritt, um die Kommunikation von Europa nach Japan zu optimieren.“

„Wo einfach in der Vergangenheit Sachen oftmals vielleicht falsch verstanden wurden oder Informationen nicht in derselben Art und Weise verstanden wurden, wie sie von uns hier versucht wurden, zu vermitteln.“

Das neue Technikcenter in Italien wird die Europabasis der MotoGP-Operation werden. Neben Albesiano soll dort künftig auch Kurt Trieb in die Motorentwicklung eingebunden werden. Trieb verließ Ende Juli KTM.

Momentan hoffen Zarco, Mir und Marini darauf, dass sie am kommenden Wochenende in Spielberg neue Entwicklungen bekommen. „Ich hoffe, dass wir, wenn die zweite Saisonhälfte beginnt, einen Schritt von Honda bekommen – der ist sehr notwendig“, betont Zarco.

„Wir haben zu Beginn des Jahres Fortschritte gemacht, aber wir stecken nun schon seit vielen Monaten fest. Selbst wenn ich versuche, etwas mehr zu pushen, ist die Grenze oft entweder ein Sturz oder langsamer zu fahren und einfach abzuwarten. Deshalb hoffe ich, dass wir ab Österreich ein bisschen Weiterentwicklung bekommen.“

Text von Gerald Dirnbeck

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