(Motorsport-Total.com) – Marc Marquez hat an diesem Wochenende beim Grand Prix von Japan am Sonntag die erste rechnerische Chance für seinen siebten MotoGP-Weltmeistertitel. „Ich bin der festen Überzeugung, dass er das schafft“, sagt ServusTV-Experte Gustl Auinger vor dem wichtigen Wochenende in Motegi.

Marc Marquez steht vor seinem siebten WM-Titel in der MotoGP

„Allein daran, wie er feiert, sieht man, dass für Marc das Rennfahren nur dann einen Sinn ergibt, wenn er gewinnt“, glaubt der Österreicher. „Er kann länger am Limit fahren als alle anderen. Wenn es sein muss, eine ganze Renndistanz. Entweder du hast diese Fähigkeit oder du hast sie nicht.“

Gewinnt Marquez das Rennen, dann wäre es klassenübergreifend sein 100. Grand-Prix-Sieg – ein weiterer Meilenstein in seiner Karriere. „Wir sind sehr stolz“, sagt Ducati-Teammanager Davide Tardozzi bei MotoGP.com, „weil wir einen so großen Champion wieder zurückgebracht haben.“

In dieser gemeinsamen Saison hat Tardozzi den Spanier noch besser kennengelernt. Wie schätzt er ihn ein? „Zunächst einmal scherzen wir oft über unsere frühere Rivalität. Aber am Ende ist Marc ein sehr netter Mensch.“

„Seit er in diesem Jahr bei uns ist, habe ich den Menschen sogar noch mehr schätzen gelernt als den Fahrer, den Champion. Deshalb denke ich, dass dieses Duo – Ducati und Marc – perfekt funktioniert.“ Das Ducati-Werksteam könnte in Motegi zudem auch die Teamwertung gewinnen.

Spürt Tardozzi vor diesem wichtigen Wochenende Nervosität bei Marquez? „Nein, überhaupt nicht. Ich glaube, Marc kennt sich selbst sehr gut. Er verdient diesen Titel. Er weiß, dass sein Potenzial wieder so ist wie vor dem Unfall 2020. Deshalb denke ich, dass er sehr entspannt ist.“

2019 wurde Marquez mit Honda zum bisher letzten Mal Weltmeister. Die schwere Oberarmverletzung in Jerez 2020 veränderte in seinem Leben und in seiner Karriere alles. Mit der Rückkehr an die MotoGP-Spitze schließt sich nun ein Kreis.

„Ja, die letzten fünf Jahre waren unglaublich schwierig“, blickt der 32-Jährige zurück. „Manche Leute denken vielleicht – und sogar ich selbst – dass ich zwei oder drei Jahre meiner Karriere als Fahrer verloren habe, weil ich mehr zu Hause war als an den Rennstrecken.“

„Aber es stimmt auch, dass ich in meinem Privatleben viele Dinge gelernt habe. Und das Privatleben dauert viel länger als das Berufsleben. Das gefällt mir. Ich möchte diese Erfahrung nicht wiederholen, aber ich mag es, dass ich so viele Dinge gelernt habe.“

Was Marquez seit der Verletzung gelernt hat
Und was hat er gelernt? „Das Risiko zu minimieren“, antwortet Marquez. „Es ist nicht nötig, im privaten und im beruflichen Leben immer nach dem Nervenkitzel zu suchen – auch wenn ich jemand bin, der Adrenalin liebt.“

„Aber man muss das Risiko verringern. Und natürlich den eigenen Körper respektieren. Das ist Ziel Nummer eins – die Verletzung respektieren. Und das zweite Ziel ist, das Risiko zu minimieren. Jetzt ist es für mich mein zweites Leben in der MotoGP.“

„Es wird wichtig sein, wenn wir diesen Kreis auf die bestmögliche Weise schließen können. Es sieht so aus, als würde es klappen. Noch stehen sechs Rennen aus, aber ich möchte den vollen Fokus behalten.“

Marquez will sich in Motegi nicht unter Druck setzen lassen
Im Vorfeld von Motegi versucht Marquez zu betonen, dass er an die Aufgabe wie an jedes andere Rennwochenende herangeht, aber: „Natürlich, es ist unmöglich, nicht daran zu denken. Vor allem, wenn jeder dieselbe Frage stellt: ‚Wie fühlst du dich?'“

„Ja, du fühlst es, aber am Ende bleiben die Emotionen ziemlich konstant. Das ist das Wichtigste. Wäre es das letzte Rennen, sähe es ganz anders aus. Aber es stimmt, dass ich sehr nah dran bin, einen Kreis zu schließen, der vor fünf Jahren mit einer schweren Verletzung begonnen hat.“

„Mal sehen, ob wir es auf die bestmögliche Weise beenden können. Wenn es nicht an diesem Wochenende passiert, ist das kein Desaster. Wir haben noch fünf weitere Chancen. Natürlich möchte ich um den Sieg kämpfen, denn das würde bedeuten, dass ich eine Chance habe.“

„Ich erwarte, dass Alex wie immer das ganze Wochenende über schnell sein wird, aber unser Ziel ist es, dieselbe Mentalität beizubehalten und zu versuchen, die Meisterschaft hier zu schließen. Die Stimmung ist so, dass die Leute sagen, es sehe einfach aus.“

„Aber es ist nicht einfach, das ganze Wochenende über drei Punkte mehr zu holen als Alex. Denn wie er gezeigt hat, fährt er auf einem sehr hohen Niveau. Aber wir werden versuchen, unser Bestes zu geben, und mal sehen, ob wir am Sonntag etwas Großes feiern können.“

Sein primäres Ziel für das Wochenende ist so wie bei jedem anderen Rennen gleich: einen guten Trainingsfreitag hinlegen, sich im Qualifying für die erste oder zweite Startreihe qualifizieren und im Sprint um den Sieg kämpfen. Dann ist die Ausgangslage für Sonntag klar.

Klar ist auch, dass Marquez in diesem Jahr die Statistiken neu geschrieben hat. Bis auf zwei Sprints hat er alle Samstagsrennen gewonnen. Dazu kamen bei 16 Starts bisher elf Grand-Prix-Siege. Mit 512 WM-Punkten hat er bereits einen neuen Punkterekord für eine Saison aufgestellt.

Bagnaia und Di Giannantonio mit demselben Motorrad chancenlos
Teamkollege Francesco Bagnaia sowie Fabio Di Giannantonio, die dasselbe Motorrad wie Marquez fahren, waren praktisch nie auf dem gleichen Niveau. Bagnaia gewann einmal, nachdem Marquez gestürzt war, und sammelte dazu noch sechs Podestplätze.

„Ich habe das Gefühl“, sagt Bagnaia, „dass diese Meisterschaft eine Saison ohne wirkliche Rivalen für Marc war. Er war der Einzige, der konstant konkurrenzfähig war. Niemand hat jemals wirklich mit ihm gekämpft.“

„Natürlich ist es nie einfach, aber ich glaube, er musste nicht immer 100 Prozent geben. Manchmal vielleicht schon, aber nicht immer. Ich selbst würde sehr gerne wieder in Topform sein, um zumindest kämpfen zu können.“

„Denn ich glaube, wenn man die Rennzeiten dieser Saison vergleicht, waren sie oft langsamer als in der vergangenen Saison. Ich denke also, es könnte ein guter Kampf sein.“ Denn Bagnaia kam so gut wie nie an seine Rennzeiten aus dem Vorjahr heran.

„Da ich mein Potenzial kenne, habe ich mit dieser Saison kein Problem“, betont der zweimalige MotoGP-Weltmeister. „Mein Problem ist, dass ich weiß, dass ich eine Saison weggeworfen habe. Ich kann wenig dagegen tun.“

„Am Ende war die Situation von Anfang an schwierig, und wir haben es nie geschafft, im Laufe der Saison die richtige Balance zu finden. Deshalb war es unvermeidlich, dass es so laufen würde. Ich habe nie gezweifelt und kenne mein Potenzial perfekt. Die Leute können sagen, was sie wollen.“

Di Giannantonio erhielt in dieser Saison im VR46-Team erstmals Werksunterstützung von Ducati und dasselbe Material wie Marquez und Bagnaia. Zwei dritte Plätze in Grands Prix waren seine beste Ausbeute, dazu vier Podestplätze in Sprintrennen.

„Nun, er fährt einfach unglaublich“, vergleicht sich der Italiener mit Marquez. „Ich glaube, er hat 90 Prozent der Rennen gewonnen – ich kenne die genauen Zahlen nicht, aber ungefähr wird es so sein. Er hat es geschafft, jede Situation auf seine Seite zu drehen.“

„Es ist großartig, wie er fährt, seit er auf der Ducati sitzt. Schon im Vorjahr war er mit dem 23er-Bike sehr stark unterwegs. Und natürlich ist es auch ein großartiges Comeback als Sportler. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er den Titel hier gewinnen wird. Und wenn er den Titel holt, wird das ein großartiger Moment für unseren Sport sein.“

Text von Gerald Dirnbeck

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