Fernandez hier mit dem Reihenvierzylinder bei der Wildcard in Brünn

(Motorsport-Total.com) – Yamaha arbeitet im Hintergrund auf Hochtouren am komplett neuen MotoGP-Prototypen mit V4-Motor. Anfang Juli gab es zwischen den Rennen in Assen und auf dem Sachsenring einen privaten Test in Brünn.

Alex Rins und Miguel Oliveira fuhren dort mit dem aktuellen Reihenvierzylinder, während sich das Testteam mit Andrea Dovizioso und Augusto Fernandez auf das V4-Motorrad konzentrierte.

„Aber wir haben noch nicht das volle Paket“, sagt Fernandez über diesen jüngsten Test mit der neuen Entwicklung. „Der Motor ist noch nicht in der finalen Spezifikation. Alles ist noch in einem sehr frühen Stadium.“

„Wir haben das erste Chassis bekommen, wir erhalten ständig neue Teile, aber wir müssen den Prozess beschleunigen – das will ich sagen. Es sieht gut aus, alles wirkt sehr positiv, aber das Motorrad ist noch nicht schnell genug.“

Rins wollte bei diesem Test ebenfalls unbedingt einige Runden mit dem V4-Motorrad drehen, Yamaha untersagte das allerdings. Laut Rins war das V4-Motorrad bei diesem Test im Vergleich zur aktuellen M1 um rund zwei Sekunden langsamer.

Das bestätigt auch die Aussage von Fernandez, dass das Entwicklungsmotorrad noch zu langsam ist. Wobei direkte Vergleiche schwierig waren, weil unterschiedliche Programme absolviert wurden. Das neue Motorrad stand auch lange für Checks in der Box, es gab keine neuen Reifen.

Deswegen hält Fernandez den Zeitunterschied derzeit nicht für aussagekräftig: „Wir wissen, warum – weil der Motor noch nicht seine volle Leistung hat. Aus Japan bekommen wir noch nicht die gesamte Power, die der Motor eigentlich haben könnte.“

„Meiner Meinung nach wollen sie alles sehr genau verstehen, ohne etwas kaputtzumachen. Sie geben uns die Leistung Stück für Stück. In Japan läuft das nicht so schnell. Sie wollen alles sehr genau verstehen.“

„Ich fühle mich sehr gut auf der V4, sehr gut. Sie ist ganz anders als unser jetziges Motorrad. Das Potenzial sieht so aus, als wäre es höher, das kann ich sagen.“ Laut Fernandez ist die Balance des Bikes auch komplett anders als beim Reihenvierzylinder.

Der Yamaha-Testfahrer ist zwei Jahre lang die KTM RC16 gefahren, die über einen sehr starken V4-Motor verfügt. Spürt er Parallelen? „Es ist nicht ähnlich. Es ist anders. Yamaha geht einen eigenen Weg. Die Yamaha V4 ist ihr Projekt.“

„Mit meiner kurzen Erfahrung und mit ‚Dovis‘ Erfahrung mit solchen Motorrädern ist es, denke ich, ein gutes Paket, um die Richtung zu bestimmen. Aber das hier ist eine spezielle Yamaha V4. Wie gesagt, irgendwann müssen wir sehen, welches Motorrad schneller ist.“

„Wir müssen einfach bessere Rundenzeiten sehen, das ist, was ich sagen würde“, so Fernandez. „Aber wir machen einen guten Job und ich denke, Yamaha macht einen guten Job. Es wird ein gutes Motorrad werden – wir werden sehen.“

Die Stammfahrer warten schon sehnsüchtig darauf, ihre ersten Runden mit dem V4-Motorrad zu fahren. Rins, Oliveira und Jack Miller kennen in der MotoGP dieses Konzept. Fabio Quartararo ist bisher nur den Yamaha-Reihenvierzylinder gefahren.

Bislang kennt der Franzose auch nur das V4-Feedback von Fernandez und Dovizioso: „Die Rückmeldungen sind natürlich positiv, aber solange ich das Motorrad nicht selbst getestet habe, sind es nur die Ingenieure, die mir davon berichten.“

„Man kann das Potenzial des Motorrads erst wirklich einschätzen, wenn man es selbst fährt.“ Und wann wird Quartararo erstmals die V4-Yamaha fahren können? „Natürlich werde ich sie testen – ich denke, etwa im September, vermutlich beim Misano-Test.“

Paolo Pavesio bleibt für 2026 vage
Ursprünglich lautete der Plan von Yamaha, mit dem neuen Motorrad im Herbst erste Wildcards zu absolvieren und die MotoGP-Saison 2026 damit zu bestreiten. Ob das tatsächlich passieren wird, ist allerdings zu diesem Zeitpunkt noch offen.

„Wir sind noch nicht sicher, ob wir 2026 bereits mit der neuen V4-Maschine fahren werden – auch wenn das klar das Ziel ist“, sagte Yamaha-Direktor Paolo Pavesio im Rahmen des Sachsenring-Wochenendes.

„Wir müssen anfangen, neue Informationen zu sammeln und diese neue Konfiguration zu verstehen, mit Blick auf 2027, aber möglicherweise schon beginnend ab 2026. Wir müssen definitiv auf diese neue Motorenkonfiguration umsteigen, und zwar für 2027.“

Fabio Quartararos Zukunft bei Yamaha hängt daran
Vor allem Quartararo drängt Yamaha darauf, schon im nächsten Jahr auf den V4-Motor zu wechseln. Allein fahrend kann er mit der M1 zwar im Qualifying schnell sein, aber in den Rennen ist er hinter den V4-Motorrädern der Konkurrenz chancenlos.

Zu Pavesios Aussagen meint der Ex-Weltmeister: „Ich weiß nicht, was er denkt. Ich glaube nicht, dass er allzu sehr in die technischen Details involviert ist. Aber in Wirklichkeit wissen sie sehr genau, was sie tun müssen, um mich zu halten.“

„Ehrlich gesagt ist es mir egal, ob es die V4 ist oder nicht – ich will einfach nur ein konkurrenzfähiges Motorrad für nächstes Jahr.“ Denn davon hängt auch Quartararos Zukunft ab: bleibt er 2027 bei Yamaha oder wechselt er die Marke?

Ist die Beziehung zwischen ihm und Yamaha deshalb etwas angespannter geworden? „Sicher, es wird ein wenig angespannt, weil wir ständig mehr und mehr erwarten – Verbesserungen. Aber wir sehen, dass wir in Wirklichkeit keine haben“, spricht Quartararo Klartext.

„Mit der V4 bekommen wir ziemlich gutes Feedback, aber die Rundenzeiten sind extrem langsam. Was für mich zählt, sind die Rundenzeiten.“ Und das wahre Potenzial hat Yamaha mit dem Entwicklungsmotorrad noch nicht ausgelotet.

Gibt es für Quartararo eine Deadline für eine Entscheidung über seine Zukunft ab 2027? „Nein. Ich habe eigentlich keine Deadline. Ich habe keinen konkreten Zeitpunkt festgelegt. Zuerst möchte ich sehen, wie es mit dem neuen Motorrad läuft.“

„Ich werde sehen, wie die Dinge zu Beginn des Jahres laufen, und dann eine Entscheidung treffen. Ich denke, die anderen Marken sind sich meines Potenzials bewusst. Unser Ziel ist etwas in einem Werksteam und nicht in einem Satellitenteam.“

Dass er so wie Marc Marquez für ein Jahr in ein Satellitenteam wechselt, hält er für wenig wahrscheinlich: „Marcs Situation war auf zwei Jahre ausgelegt. Mit unserer aktuellen Situation und dem Potenzial, das wir haben, halte ich es für wahrscheinlicher, dass wir ein Werksteam anstreben.“

Text von Gerald Dirnbeck

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