(Motorsport-Total.com) – Mit gerade einmal 21 Jahren weiß Pedro Acosta bereits, wie es ist, über Nacht ins Rampenlicht zu geraten – als nächste Supertalent, das in der MotoGP gelandet ist, mit Parallelen zu Marc Marquez oder Valentino Rossi.
Und er weiß auch, wie es sich anfühlt, die Frustration zu tragen, nach fast zwei kompletten Saisons in der Königsklasse noch keinen Sieg eingefahren zu haben.
Im Gespräch mit Motorsport.com, einer Schwesterplattform von Motorsport-Total com, zeigt sich der Fahrer aus Murcia von seiner menschlichen Seite. Eine Facette, die er nur selten offenbart, weil er sonst kaum die Deckung fallen lässt.
Frage: „Wann fühlen Sie sich wohler: Wenn Sie auf dem Motorrad sitzen, oder wenn Sie abgestiegen sind und sich um all die anderen Verpflichtungen kümmern müssen, die mit deinem Job einhergehen?“
Pedro Acosta: „Ich bin entspannter, wenn ich auf dem Motorrad sitze. Das ist der einfache Teil. Du setzt den Helm auf, machst dein Ding, bist der Chef und entscheidest, was du tust oder lässt. Aber sobald die Session oder das Rennen vorbei ist, kommen die anderen Dinge – Sponsoren, Marken, Verpflichtungen. Das ist der anstrengendere Teil.“
Frage: „Können Sie sie selbst sein, oder müssen Sie eine Maske tragen?“
Acosta: „Ich glaube, das Wichtigste ist, man selbst zu bleiben. Wenn du zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahre hier bist, wäre es doch wahnsinnig anstrengend, die ganze Zeit so zu tun, als wärst du jemand anders.“
„Es stimmt, dass ich mit der Zeit gelernt habe, auch bei den unangenehmen Dingen professionell zu bleiben. Aber die Leute sollten wissen, wer du wirklich bist. Wenn ich ein falsches Bild von mir verkaufen würde, könnte ich nachts nicht ruhig schlafen.“
Frage: „Aber bringen Ihnen das nicht auch Probleme ein?“
Acosta: „Das ist mir ehrlich gesagt egal. Du bist, wer du bist, da kannst du nichts machen. Manche mögen dich mehr, andere weniger; du hast mal mehr, mal weniger Fans. Wichtig ist nur, dass du mit dir selbst im Reinen bist.“
Frage: „Welche Rolle spielt Geld in Ihrem Leben? Sie scheinen nicht gerade der Typ zu sein, der auf Luxus oder Sportwagen steht – ziemlich untypisch für einen erfolgreichen 21-Jährigen.“
Acosta: „Geld ist momentan das, was mir am wenigsten bedeutet. Wenn ich 30 wäre oder eine Familie gründen würde, gäbe es vielleicht mehr, worum ich mir Sorgen machen müsste. Aber ich lebe immer noch zu Hause bei meiner Mutter und fahre meinen Transporter.“
„Zum Glück habe ich ein sehr bodenständiges Umfeld, das mich so gehalten hat, wie ich immer war. Ich treffe mich mit denselben Freunden wie früher, mache die gleichen Dinge wie vor meiner Rennfahrerkarriere. Das hält dich auf dem Boden.“
„Wenn du dich änderst und anfängst, dich mit anderen Leuten zu umgeben, mit einem anderen Lebensstil, ist es normal, dass du dich auch selbst veränderst. Aber ich bin glücklich, dass ich immer noch mit denselben Freunden abhänge, dass wir in der Innenstadt von Murcia zusammen essen gehen.“
So ist Acosta auf dem Boden geblieben
Frage: „Der Ruhm kam sehr schnell. Wie sind Sie damit umgegangen?“
Acosta: „Stimmt, am Anfang kannten mich in Murcia viele Leute nicht. Wenn ich in einem Restaurant saß, haben sie mich angestarrt. Aber nach vier Jahren, in denen ich immer an denselben Tisch gehe, ist das ganz normal geworden.“
Frage: „Was war Ihr größter Luxus seit Ihrem Einstieg in die MotoGP?“
Acosta: „Mein Van. Ich wollte mir einen ausbauen, um damit reisen zu können. Das habe ich gemacht und ich bin mega glücklich damit.“
Frage: „Die meisten erfolgreichen jungen Leute in Ihrem Alter zeigen gerne, was sie haben.“
Acosta: „Egal, wie gut es läuft, ich mag es nicht, im Mittelpunkt zu stehen.“
Frage:„Läuft es Ihrer Meinung nach gut in der Meisterschaft?“
Acosta: „Ehrlich gesagt, es könnte besser laufen. Dieses Jahr war das erste, das wirklich schwierig war.“
„Bis jetzt dachte ich, meine erste Moto2-Saison wäre ein Desaster gewesen, aber heute würde ich die sofort wieder nehmen: Ich habe damals drei Rennen gewonnen. Es war hart zu akzeptieren, dass ich meine Ziele anpassen musste. Noch härter war, das schon nach dem ersten Rennen einzusehen. Ich konnte es einfach nicht begreifen.“
Frage: „Sie sind 21, fahren Ihre zweite MotoGP-Saison und sind bereits Moto3- und Moto2-Weltmeister. Warum so ein Tempo?“
Acosta: „Weil ich das für mich will. Ich will gewinnen. Geld befriedigt mich nicht, nichts außer Gewinnen tut das. Das Problem ist, dass wir dieses Jahr kaum wirklich konkurrenzfähig waren. Wir waren da, sind unsere Runden gefahren, hatten gute und schlechte Rennen. Aber ich hatte nie das Gefühl, wirklich um etwas zu kämpfen.“
Frage: „Sie haben in der MotoGP noch nicht gewonnen. Fühlen Sie sich deswegen frustriert, wütend oder eher resigniert?“
Acosta: „Eher resigniert. Im Moment bin ich auf meinem besten Niveau als Fahrer. Ich bin mir sicherer denn je, dass ich Rennen gewinnen kann, mehrere sogar.“
„Aber wenn du einmal akzeptierst, dass du deine ursprünglichen Pläne ändern musst, merkst du auch, dass du dich nicht ständig selbst fertig machen kannst. Ich kann nur das beeinflussen, was in meiner Hand liegt.“
„Als ich das verstanden habe, hat sich mein Kopf verändert. Jetzt konzentriere ich mich auf das, was erreichbar ist, nicht auf das, was fehlt oder außerhalb meiner Kontrolle liegt. Das kommt mit der Zeit. Ich denke gerne, dass das Leben mich auf etwas Besseres vorbereitet.“
Warten auf den ersten Sieg in der MotoGP
Frage: „Sie hatten zwei Podiumsplätze in den letzten drei Rennen. In Sepang waren Sie weniger als drei Sekunden hinter Alex Marquez. Dachten Sie, das könnte Ihr Tag werden?“
Acosta: „Alex war von Anfang an sehr aggressiv und hat hart gepusht, um an mir und Pecco vorbeizukommen. Mir hat in den ersten Runden ein bisschen was gefehlt, aber danach war ich schnell und konnte die Reifen gut einteilen, obwohl ich das Ride-Height-Device nicht genutzt habe. Ich fühle mich bereit, zu gewinnen.“
Frage: „Sie haben einmal gesagt, dass die gute Stimmung zwischen den MotoGP-Fahrern dem Wettbewerb etwas Intensität nimmt. Denken Sie das immer noch?“
Acosta: „Ja. Ich fand die Rennen damals richtig cool, als Rossi und Lorenzo kämpften, oder Lorenzo und Pedrosa, oder Rossi und Marc. Diese Duelle haben die Fans vom Sofa gerissen. Heute ist es anders.“
„Ich sehe es so: Die anderen wollen dasselbe wie ich, und wenn sie dafür über mich drüber müssen, tun sie das auch. Ich gebe alles, um mein Ziel zu erreichen, den MotoGP-Titel zu gewinnen. Ich denke 24 Stunden am Tag daran. Ich bin nicht hier, um Freunde zu finden – die habe ich schon außerhalb.“
Frage: „Jeder weiß, dass Sie zu Beginn des Jahres versucht haben, für 2026 aus dem KTM-Vertrag herauszukommen, aber es hat nicht geklappt. Sie wirken jetzt gelassener als damals. Wie sind Sie damit umgegangen?“
Acosta: „Vielleicht war ich nervös, aber nicht nur wegen Zweifeln am Projekt. Ich habe sogar an mir selbst gezweifelt. Vor der MotoGP hatte ich immer das beste Material, ich musste mich nur aufs Fahren konzentrieren.
„Wenn mich jemand geschlagen hat, lag es an mir. Wenn ich gewonnen habe, war’s, weil ich alles richtig gemacht hatte. Dieses Jahr habe ich der Maschine so sehr vertraut, dass ich mir selbst den ganzen Druck auferlegt habe. Und als die Ergebnisse ausblieben, habe ich mir die Schuld für alles gegeben.“
Frage: „Wie sind Sie aus diesem Kreislauf herausgekommen?“
Acosta: „Man muss sich mit guten Menschen umgeben. Leuten, die einem die Augen öffnen. Albert [Valera], mein Manager, und mein Umfeld haben mir geholfen zu verstehen, dass zum Beispiel die Stürze oft daher kamen, dass ich mehr wollte, als das Motorrad hergab.“
„Rennen wie in Australien, wo die Reifen so schnell abbauten, da bringt es nichts, sich selbst fertigzumachen. Danach sitzt du den ganzen Tag da und bist verbittert, weil es nicht lief. In solchen Momenten musst du die Dinge relativieren, dich auf das konzentrieren, was du beeinflussen kannst, und aufhören, dich für alles verantwortlich zu machen.“
„Es gibt Ziele, die du einfach nicht erreichst, egal wie sehr du dich bemühst, wenn nicht alles zusammenpasst. Dann ist es wichtig, locker zu bleiben und sich an dein Potenzial zu erinnern. Das vergisst man am leichtesten.“
Frage: „Der Fahrermarkt öffnet sich immer früher, und in den nächsten Monaten beginnen die Teams bereits mit den Planungen für 2027. Wissen Sie schon, was Sie für Ihre Zukunft wollen?“
Acosta: „Ich mache mir über den Markt 2027 keinen großen Kopf. Wenn ich weiter so performe wie seit dem Sommer, werden sich Türen öffnen, wenn es so weit ist. Und wenn KTM Fortschritte macht, ist das auch eine Option. Leute, die sich mit Motorrädern auskennen, sehen ganz genau, was mir noch fehlt, um zu gewinnen.“
Text von Oriol Puigdemont, Übersetzung: Juliane Ziegengeist
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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