Ducati - © Motorsport Images

© Motorsport Images – Ducati hat sich durch innovative Entwicklungen einen Vorteil verschafft

(Motorsport-Total.com) – Die MotoGP hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert.

Mittlerweile ist es für die Fahrer schwieriger, einen Unterschied auszumachen (Quartararo-Crewchief Gubellini bestätigt das). Die Situation erinnert an die Formel 1, in der ein gutes Auto die absolute Voraussetzung ist, um an der Spitze mitzufahren.

Neue Technologien, wie die Ride-Height-Devices oder die komplexen Aero-Verkleidungen, haben die Königsklasse des Motorradsports verändert. Die europäischen Hersteller, allen voran Ducati, gelten als Vorreiter und haben die MotoGP in den vergangenen Jahren stark geprägt. Die japanischen Werke hingegen sind zurückgefallen und suchen nach dem Anschluss.

Honda und Yamaha dominierten den Sport vor wenigen Jahren, sind jetzt aber deutlich hinter Ducati, KTM und Aprilia zurückgefallen – sowohl qualitativ als auch quantitativ. Nur noch sechs Bikes japanischer Hersteller sind übrig. Allein Ducati ist mit acht Fahrern vertreten, KTM und Aprilia beliefern jeweils vier Fahrer.

Haben die japanischen Hersteller die Lust am Rennsport verloren?
Wir haben uns exklusiv mit Ex-MotoGP-Teammanager Paul Denning über die Entwicklung der MotoGP und die Rolle der Japaner unterhalten. Denning war jahrelang für das MotoGP-Projekt von Suzuki verantwortlich und kümmert sich seit 2016 um das WSBK-Projekt von Yamaha.

Engagieren sich die Japaner nicht mehr so wie früher? „Ich würde sagen, dass sich an der Hingabe nichts verändert hat“, bemerkt Paul Denning im Exklusiv-Interview mit ‚Motorsport-Total.com‘.

„Es liegt weniger an der Hingabe sondern eher an der Reaktionsgeschwindigkeit, auf neue Philosophien zu setzen und Entwicklungsrichtungen zu ändern“, schildert Paul Denning und stellt fest: „Die Japaner reagieren nicht so schnell wie die europäischen Hersteller.“

„Zudem haben die europäischen Hersteller viele Experten aus dem Automobilbereich und aus der Formel 1 verpflichtet, mit denen die technischen Lösungen vorangebracht werden. Die Japaner wurden durch diese hohe Entwicklungsgeschwindigkeit zurückgeworfen“, erkennt der Yamaha-WSBK-Teammanager.

MotoGP-Revolution: Yamaha und Honda reagieren zu langsam
Honda und Yamaha waren lange Zeit erfolgreich, indem sie ihre MotoGP-Bikes von Jahr zu Jahr nur im Detail verfeinerten. Ducati hingegen startete eine regelrechte Revolution und etablierte neue Technologien, die früher oder später von der Konkurrenz kopiert wurden.

„Ein MotoGP-Bike war vor drei oder vier Jahren eine schnellere und lautere Version eines Superbikes. Mittlerweile haben die MotoGP-Bikes nicht mehr viel mit normalen Motorrädern gemeinsam“, bemerkt Paul Denning.

MotoGP-Sprintrennen sind „Lösung für ein größeres Problem“
„Die Technologie ist mittlerweile so hochentwickelt, dass der eigentliche Rennsport leidet“, bedauert der ehemalige MotoGP-Teammanager. „Die Sprintrennen wurden als eine Lösung für ein größeres Problem eingeführt.“

„Die Idee war, den Zuschauern ein aufregendes Rennen am Samstag zu zeigen, indem alle durchdrehen, um wenigstens zehn spannende Runden zu haben. Das ist die Reaktion auf ein viel größeres Problem, bei dem sie nicht wissen, wie sie es lösen können“, ist Paul Denning überzeugt.

Sind die Sturzzonen noch ausreichend groß?
Durch die neuen technischen Entwicklungen wurden die MotoGP-Bikes immer schneller. Die Marke von 370 km/h dürfte bald geknackt werden. Aber auch in den Kurven sind die MotoGP-Bikes schneller geworden. Die Sturzräume einiger Traditionsstrecken hingegen sind nicht mitgewachsen.

„Das größte Problem ist mittlerweile die Eignung der Rennstrecken auf Grund der Geschwindigkeiten, denn die Motorräder haben Abtrieb und Motoren mit über 300 PS“, kommentiert Paul Denning und verweist auf den Saisonauftakt in Portugal: „Pol Espargaros Sturz in Portimao ist ein Beispiel. Niemand rechnete damit, dass an dieser Stelle jemand bis in die Airfences fliegt.“

„Die MotoGP muss langsamer werden. Doch das bedeutet, dass die Superbikes ebenfalls langsamer werden müssen. Es geht um die Sicherheit und auch um die Nachhaltigkeit“, betont der Yamaha-WSBK-Teammanager.

Zukunft des Motorrad-Rennsports: Es steht viel auf dem Spiel
„Kurzfristig gesehen ist es mein großes Ziel, konkurrenzfähig zu sein“, bemerkt Paul Denning. „Doch langfristig gesehen muss man das große Ganze sehr vorsichtig im Auge behalten, um das Beste für den Sport zu erreichen. Die MotoGP und die Superbike-WM sind fantastische Sportereignisse mit Gladiatoren, die dennoch sehr menschlich sind. Wir müssen vorsichtig sein, das nicht zu riskieren.“

Hätte man die Aero-Entwicklung in der MotoGP verhindern können? „In einer Meisterschaft mit Prototypen benötigt man jemanden, der die Möglichkeiten im Bereich der Aerodynamik genau einschätzen kann“, weiß Paul Denning aus Erfahrung.

„Die Hersteller stellen super schlaue Mitarbeiter ein, deren Job es jahrelang war, in der Formel 1 Wege und Möglichkeiten zu finden, das Reglement zu umgehen und clevere Lösungen zu erarbeiten. Ich würde also nicht sagen, dass sie einen Fehler gemacht haben. Doch jetzt sollte jemand von der einen Seite auf die andere wechseln, um die Entwicklung auf vernünftige Art und Weise zu kontrollieren“, schlägt Paul Denning vor.

Text von Sebastian Fränzschky

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