Luigi Dall'Igna - © Motorsport Images

© Motorsport Images – Luigi Dall’Igna ist der Mann hinter dem Erfolg von Ducati in der MotoGP und WSBK

(Motorsport-Total.com) – Luigi Dall’Igna hat sich im Exklusiv-Interview mit der spanischen Version von Motorsport.com zu einer Vielzahl von interessanten Themen geäußert.

Der 57-jährige kommentierte die Vergleiche mit Formel-1-Stardesigner Adrian Newey und sprach über die Regeländerungen für die MotoGP-Saison 2024, die vor allem den japanischen Herstellern helfen sollen.

Frage: „War dieses Weihnachtsfest das bisher ruhigste in Ihrem Leben?“
Luigi Dall’Igna: „Eigentlich bin ich ein Mensch, der, wenn er aufhört zu arbeiten, gut abschalten kann. Wenn ich mit Freunden zusammen bin, schließe ich die Fensterläden und genieße die gemeinsame Zeit. Es war ein ruhiges Weihnachten, aber das war im vergangnen Jahr auch so.“

Frage: „Viele Leute vergleichen Sie mit Adrian Newey, dem Chef der technischen Abteilung von Red Bull in der Formel 1, wegen des Einflusses, den Sie in der MotoGP haben. Aber mit Ihren Motorrädern gewinnt nicht nur ein Fahrer, sondern viele verschiedene. Bringt Sie das auf eine höhere Ebene?
Dall’Igna: „Das ist unmöglich. Newey ist eine Legende. Allein die Tatsache, dass mich jemand mit ihm vergleicht, reicht mir schon aus. Aber Autos und Motorräder sind zwei völlig verschiedene Welten.“

Frage: „Nächstes Jahr kommt Marc Marquez, den viele für den Max Verstappen der MotoGP halten, zu Ducati. Besteht da nicht die Gefahr, dass die Leute weniger über das Motorrad und mehr über Marquez reden werden?“
Dall’Igna: „Mein Ziel ist es, zu gewinnen. Ich muss versuchen, Ducati so lange wie möglich dazu zu bringen. Das ist das Ziel in meinem Job.“

„In dieser Hinsicht bin ich nicht egozentrisch. Ich sehe nicht nur den Sieg von Ducati, sondern auch den des Fahrers und des Teams. Wir sind ein Team. Ich habe nie darüber nachgedacht, ob der Fahrer oder das Motorrad wichtiger ist. Das Einzige, was zählt, ist, dass derjenige, der am Ende der Saison den wichtigsten Titel gewinnt, auf einer Ducati sitzt.“

Eine Ducati-Stallorder lehnt Luigi Dall’Igna grundsätzlich ab
Frage: „Wäre es nicht einfacher, wenn die Fahrer der gleichen Marke einer festen Reihenfolge folgen würden?“
Dall’Igna: „Dies ist ein Sport, und das bedeutet, dass wir uns sportlich verhalten müssen und nicht schmutzig spielen dürfen. Das ist die Grundlage meiner Philosophie. Schmutzig zu spielen würde bedeuten, die Leistung eines Motorrads einzuschränken, um einen Fahrer am Sieg zu hindern.

„Jorge Martin hielt im vergangenen Jahr alle Trümpfe in seiner Hand, um bis zum Schluss um den Titel zu kämpfen. Es gab keine seltsamen Manöver. Das ist faires Spiel und der richtige Umgang mit dem Sport.“

Die Formel 1 interessiert Luigi Dall’Igna nicht mehr so sehr
Frage: „Haben Sie in letzter Zeit irgendwelche Ideen aus der Formel 1 übernommen?“
Dall’Igna: „Vor einiger Zeit habe ich die F1 geliebt. Jetzt mag ich sie etwas weniger. Ich verfolge sie und interessiere mich für sie, weil eine Menge Technologie dahinter steckt und ich sehr neugierig bin.“

„Sagen wir mal, ich schaue mir nicht mehr jedes Rennen an. In der MotoGP arbeiten viele Aerodynamik-Ingenieure, die aus der F1 kommen. Nach der Luftfahrt ist die F1 der ultimative Ausdruck der Aerodynamik. Die MotoGP hat diesbezüglich noch einen langen Weg vor sich.“

„Ich denke, es gibt noch viele Aspekte der Aerodynamik, bei denen es viel Raum für Verbesserungen gibt. Wir kennen immer noch nicht alle Aspekte der Aerodynamik, die das Motorrad beeinflussen können.“

Warum hat Ducati den Concessions zugestimmt?
Frage: „Warum hat Ducati der Einführung des Concession-Systems zu Gunsten von Yamaha und Honda zugestimmt, obwohl man eigentlich dagegen war?“
Dall’Igna: „Wir waren nicht dagegen. Tatsächlich waren wir immer dafür, ihnen zu helfen. Meiner Meinung nach ist es immer richtig, einem Hersteller, der sich in Schwierigkeiten befindet, zu helfen, damit er wachsen und zu den Gewinnern aufschließen kann.“

„Ich bin aber absolut dagegen, Aprilia und KTM Zugeständnisse zu machen. Aprilia hat zwei Rennen gewonnen, und KTM stand im finalen Teil der Saison bei fast jedem Grand Prix auf dem Podium. Ich verstehe nicht, warum wir es ihnen leicht machen müssen.“

Frage: „Aber die Vereinbarung galt für beide Seiten, und Ducati hat sie unterschrieben.“
Dall’Igna: „Wir haben die Zugeständnisse akzeptiert, weil wir dachten, dass es wichtiger ist, Yamaha und Honda zu helfen, als unsere Unzufriedenheit mit den Vorteilen, die Aprilia und KTM bekommen, zu kompensieren.“

„Wenn Honda sich entscheiden würde, die MotoGP-Weltmeisterschaft zu verlassen, wäre das ein Problem für alle. Um Yamaha und Honda zu helfen, mussten wir Zugeständnisse an die anderen akzeptieren, dafür haben wir uns verpflichtet. Je konkurrenzfähiger die Marken sind, desto besser wird die MotoGP sein.“

Frage: „Zugeständnisse können eine große Hilfe sein, solange man weiß, was man ändern muss. Glauben Sie, dass Yamaha und Honda das wissen?“
Dall’Igna: „Der große Unterschied ist, dass sie die Möglichkeit haben, Fehler zu machen und sie zu korrigieren. Zum Beispiel beim Motor, den sie öffnen und verändern können. Das können wir nicht.“

„Diejenigen, die die Vorteile haben, können beim Motor einen Schritt zurückgehen, wenn sie ein Problem haben. Wir müssen die Meisterschaft mit dem Motor beenden, den wir am Saisonanfang homologiert haben. Deshalb müssen wir viel konservativer sein. Es geht nicht nur um Tests, sondern darum, dass wir viel mehr Risiken eingehen können. Sie haben, was die Aerodynamik angeht, ein Upgrade mehr als wir. Wenn wir etwas falsch machen, dann haben wir ein Problem.“

Frage: „Wird sich die GP24 im Vergleich zum Valencia-Test stark verändern?“
Dall’Igna: „Der Test war der Anfang der Entwicklung. Es wird Änderungen geben, die wir bald sehen werden.“

Frage: „Waren Sie überrascht von dem Startsystem, das KTM 2023 eingeführt hat?“
Dall’Igna: „Ja, und zwar so sehr, dass wir anfingen, über ein System zur Verbesserung unserer Starts nachzudenken. Damals starteten die KTMs besser als wir, aber wir haben darauf reagiert, um diesen Nachteil zu beseitigen.“

Welcher Hersteller kann Ducati am ehesten herausfordern?
Frage: „Welche Marke sehen Sie 2024 als die größte Bedrohung an?“
Dall’Igna: „Alle Marken werden versuchen, zu korrigieren, was im vergangenen Jahr passiert ist. Ich erwarte, dass sie sich alle in der Saison 2024 steigern werden.“

„Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Namen nennen. Aber auf Grund der Zugeständnisse und dem Niveau, das einige von ihnen in der Endphase von 2023 gezeigt haben, wird es sicherlich komplizierter für uns werden.“

Frage: „Welche Faktoren haben Sie dazu bewogen, bei Ducati zu bleiben und die Herausforderung, die Honda Ihnen angeboten hat, nicht anzunehmen?“
Dall’Igna: „Es hat uns eine Menge gekostet, an diesen Punkt zu gelangen. Wir haben nicht von einem Jahr auf das andere die Weltmeisterschaft gewonnen. Es wäre völlig dumm gewesen, eine Situation aufzugeben, die auf technischer Ebene so positiv ist wie die, die mich jetzt bei Ducati umgibt.“

„Das Team, das ich um mich herum habe, ist wunderbar, sowohl in technischer als auch in menschlicher Hinsicht. Bei Ducati ist es großartig. Es ist ein Ort, an dem man reden und diskutieren kann. Es ist nicht einfach, diese schöne Sache aufzugeben.“

Text von Oriol Puigdemont

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