Francesco Bagnaia - © Motorsport Images

© Motorsport Images – Francesco Bagnaia schmiss die Führung in Austin nach sieben Runden weg

(Motorsport-Total.com) – „Ich bin sehr wütend, aber nicht auf mich selbst, denn ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass es heute nicht meine Schuld war“, sagt Francesco Bagnaia nach seinem Rennsturz beim Grand Prix of The Americas.

Der Ducati-Pilot lag in Führung, als er in Kurve 2 der achten Runde übers Vorderrad wegrutschte.

Damit schrieb er bereits den zweiten Nuller der Saison, nachdem er vor zwei Wochen im Hauptrennen von Argentinien gestürzt war. Damals warf er Platz zwei und damit 20 Punkte weg, jetzt mögliche 25 Zähler. Und diesmal kann sich der Italiener noch weniger einen Reim darauf machen, warum er gestürzt ist.

„Ich weiß nicht, was passiert ist. Keine Ahnung, wie viele Runden ich an diesem Wochenende gefahren bin, vielleicht 80, vielleicht 100. Ich habe gepusht, kontrolliert, jeden Hinweis verstanden, jedes Mal, wenn ich die Front fast verloren hätte. Und dann im Rennen, als ich alles unter Kontrolle hatte, bin ich gestürzt.“

„In Argentinien habe ich erkannt, dass ich ein bisschen am Limit war, aber heute nicht“, erklärt er weiter. „Heute ist etwas passiert, aber es lag nicht an einem kalten Reifen oder dem Wind. Es muss etwas mit dem Motorrad zu tun haben.“

„Es ist das beste Motorrad in der Startaufstellung. Aber wenn man stürzt und nicht weiß, warum, ist es sinnlos, denn ich habe an zwei Wochenenden 45 Punkte verloren. Wir müssen das verstehen. Vielleicht brauchen wir ein instabileres Motorrad. Ich wäre lieber ein Zehntel langsamer, würde dafür aber alles verstehen.“

Bagnaia: „Fühle mich auf dem Motorrad unschlagbar“
Ist die GP23 also zu perfekt? So hört es sich zumindest an, wenn Bagnaia sagt: „Man hat das Gefühl, dass man alles machen kann. Ich fühle mich auf dem Motorrad unschlagbar. In der Zeitattacke, beim Umgang mit den Reifen …, gestern haben wir gezeigt, dass alles perfekt war, das ganze Wochenende war perfekt.“

„Als ich mich entschied, zu pushen, fuhr ich 2:03.0 Minuten, und als ich die Lücke öffnete, fuhr ich konstant 2:03.4 und 2.03.5 Minuten. Vielleicht müssen wir also etwas von dieser Stabilität einbüßen, um mehr Feedback zu bekommen, denn ehrlich gesagt ist das Motorrad perfekt, aber wenn man stürzt, ist etwas nicht perfekt.“

Auf die Frage, ob er womöglich zu sicher und selbstbewusst auf dem Motorrad sei, bekräftigt Bagnaia: „Ich habe viel Vertrauen in mein Motorrad, aber es ist zu stabil. Man kann mich verrückt nennen, wenn ich das sage, aber ich hätte lieber mehr Rückmeldung, weil ich die Stürze dann auch verstehen würde.“

Doch eben genau das fehle. Er stürze oft ohne jede Vorwarnung. Auch beim Crash in Austin. „Ich war schnell, aber ohne ein Risiko einzugehen, ohne etwas Verrücktes zu tun.“

„Ich bin die Kurve sogar sehr ruhig angefahren, weil ich wusste, dass es dort rutschiger ist, und bin trotzdem gestürzt. Ich hoffe wirklich, dass mein Team mir dabei helfen wird, denn die Leistung der GP23 ist unglaublich. Es ist das beste Motorrad, das ich je gefahren bin. Aber wir müssen verstehen, was passiert ist.“

Am Wind, der am Sonntag sichtbar aufgefrischt hatte, lag es aus seiner Sicht nicht. „Nein, denn in dieser Kurve hat er mir geholfen, einzulenken. Heute Morgen und am Freitag war es etwas schwieriger“, erklärt Bagnaia die Windverhältnisse in Austin.

Alex Marquez glaubt: Der Wind war das Hauptproblem
Seine Markenkollege Alex Marquez sieht für die vielen Stürze im Rennen – neben Bagnaia gingen acht weitere Fahrer zu Boden – den Wind hingegen als Hauptursache. „Im Vergleich zu Freitag und Samstag war er komplett anders. Das kehrt die Referenzen und Gefühle, die man bisher hatte, einmal auf links“, sagt er.

„In Kurve 2 bin ich zum Beispiel im Warm-up gestürzt. Gestern hat uns der Wind dort noch geholfen. Heute war es genau das Gegenteil. Das hat Fehler befördert. Zudem war es recht kühl. Und der Vorderreifen ist dort ohnehin am Limit“, so Marquez.

Auch Johann Zarco aus dem Pramac-Ducati-Team vermutet, angesprochen auf Bagnaias Sturz im Rennen: „Er ist so schnell, dass er mit dem Limit spielt. Vielleicht macht der Wind bei ihm, mit nur ein paar Grad Celsius weniger im Vorderreifen, dann eher einen Unterschied, sodass er überraschend gestürzt ist.“

„Ich bin etwas langsamer und auch immer sehr vorsichtig, solche Fehler nicht zu haben, deshalb bin ich nicht relaxed genug“, erklärt er weiter. Doch auch Bagnaias Erklärung, dass die GP23 so perfekt sei und ihm deshalb zu wenig Feedback gebe, um mögliche Fehler oder Stürze zu antizipieren, hält Zarco für schlüssig.

„Das kann natürlich sein. Man tut dann Dinge, von denen man selbst beeindruckt ist, dass sie möglich sind.“ Bis man unbemerkt über das Limit hinausgeht und stürzt.

Bagnaia trotz zweier Nullrunden weiterhin WM-Zweiter
Auch Zarcos Teamkollege Jorge Martin kennt dieses Gefühl: „Gestern bin ich zweimal übers Vorderrad gestürzt, auch heute war es seltsam. Ich spüre die Front zwar ziemlich gut, aber vielleicht brauchen wir auf der Bremse etwas mehr Verständnis. Denn oft blockiert das Vorderrad und wir wissen nicht genau, warum.“

Wie Bagnaia rutschte im Rennen in Austin auch Martin übers Vorderrad weg. Im Sprint am Samstag hatten es beide noch aufs Podest geschafft: Bagnaia als Sieger und Martin als Dritter. Im Hauptrennen am Sonntag war Luca Marini der einzige Ducati-Fahrer auf dem Podium. Wie bewertet er Bagnaias Sturz?

„Ich sah seine Linie. Er fuhr sehr enge Linien. Im Laufe des Wochenendes war er in Kurve 2 schneller als alle anderen Ducati-Fahrer“, sagt er und sieht darin einen möglichen Grund für den Crash. „Durch den Wind und sein um zehn km/h höheres Tempo in der Kurve beanspruchte er den Reifen vielleicht zu stark.“

In der WM hält sich Bagnaia trotz seines zweiten Nullers auf Platz zwei, hat nun aber elf Punkte Rückstand auf Ducati-Markenkollege Marco Bezzecchi, der am Sonntag Sechster wurde. „Ich habe einfach Glück, dass zwei Konkurrenten im Moment nicht in der Meisterschaft sind, aber dieses Glück wird enden“, weiß er.

Denn sowohl Teamkollege Enea Bastianini als auch Honda-Konkurrent Marc Marquez sind derzeit verletzt. „Wir müssen weiterarbeiten wie bisher“, sagt Bagnaia, „uns aber mehr darauf konzentrieren, ein Motorrad zu haben, das mir mehr Feedback gibt.“

Text von Juliane Ziegengeist, Co-Autor: Oriol Puigdemont

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