Pedro Acosta - © GasGas

© GasGas – Pedro Acosta tritt als MotoGP-Rookie 2024 für Tech3-GasGas an

(Motorsport-Total.com) – Die bevorstehende MotoGP-Saison 2024 wird die zweite hintereinander, in der die Rookie-Klasse aus einem einzigen Fahrer besteht.

Nach Augusto Fernandez, der 2023 als der amtierende Moto2-Weltmeister seine erste Saison in der Königsklasse fuhr, wird es im kommenden Jahr Pedro Acosta sein, der als amtierender Moto2-Weltmeister der einzige Neuling in der Königsklasse ist.

Wie Fernandez, so fährt auch Acosta seine Rookie-Saison für Tech3-GasGas. Das Tech3-Team von Herve Poncharal hat in den bisher 22 Saisons der MotoGP-Ära sage und schreibe siebenmal den Rookie des Jahres hervorgebracht.

Im Interview für die englischsprachige Ausgabe von Motorsport.com spricht Pedro Acosta über seine ersten Eindrücke vom Tech3-GasGas-Team, über den Druck abseits der Rennstrecke, mit dem er schon als 16-Jähriger bei seinem Debüt in der Motorrad-WM aufgewachsen ist, und über seine Erwartungen für seine Rookie-Saison in der Königsklasse.

Frage: „Pedro, sie hatten kürzlich in Valencia ihren ersten MotoGP-Test für Tech3-GasGas. War schon Zeit, das Ganze zu verarbeiten? Und wie fühlt es sich an, jetzt ein MotoGP-Pilot zu sein?“

Pedro Acosta: „Bis jetzt noch nicht. Es war ja nur ein Tag. Ich war sehr glücklich darüber, wie der Tag gelaufen ist, wie sich die Leute um mich gekümmert haben, wie das Team war. KTM hat wirklich alles verändert, von der kleinsten bis zur größten Sache, um mir dabei zu helfen, dass ich mich im Team wohl fühle. Sie haben mir Paul Trevathan [als Crewchief] zur Seite gestellt. Er arbeitete in den Anfangstagen von KTM mit Pol [Espargaro] zusammen. Er weiß genau, wie das Motorrad funktioniert. Ich bin sehr froh, dass ich ihn an meiner Seite habe. Es war ein guter Tag.“

Frage: „Sie kennen KTM schon lange. Inwiefern war das bei der Anpassung eine Hilfe?“

Acosta: „Es war schön zu sehen, dass KTM alles und noch mehr in mich steckt. Sie haben eine erstaunliche Gruppe von Leuten um mich herum aufgebaut, vom Crewchief über die Dateningenieure, die Strategieingenieure bis hin zu den Mechanikern. Einer meiner Mechaniker von Ajo Motorsport ist mit aufgestiegen. Sie haben 120 Prozent für mich getan. Das war enorm.“

„Jedes Mal, wenn ich auf das Motorrad stieg, hatte ich 20 oder 30 Leute um mich herum – einfach verrückt. Sie geben sich sehr viel Mühe mit mir. Dafür werde ich versuchen, im Winter einen guten Job zu machen. Ich freue mich schon auf [den Wintertest in] Malaysia und will dort noch viel mehr lernen.“

Acosta freut sich auf weitere Zusammenarbeit mit KTM
Frage: „Sie wussten schon lange vorher, dass 2024 das Jahr wird, in dem Sie in die MotoGP-Klasse aufsteigen werden. Waren Sie immer sicher, dass Sie das mit KTM zusammen machen würden? Oder gab es jemals Überlegungen, sich außerhalb des österreichischen Herstellers umzusehen?“

Acosta: „Vom ersten Moment an wusste ich direkt, dass ich einen MotoGP-Platz haben würde, aber ich wusste nicht, in welchem Team. Ich war ruhig, weil ich keine Gespräche mit Pit [Beirer] oder wem auch immer in der Fabrik führen musste. Ich bin entspannt rangegangen, denn ich konnte nicht mehr tun als gute Ergebnisse einzufahren. Ich sagte mir: Wenn man gute Ergebnisse erzielt, wird sich alles ergeben. Und wenn es möglich ist, für KTM zu fahren, dann werde ich der glücklichste Mensch der Welt sein.“

„Andererseits bestand auch die Möglichkeit, dass es nicht klappt. Ich darf mich glücklich schätzen, denn ich glaube, ich habe den besten Manager im Fahrerlager. Wenn es bei KTM nicht geklappt hätte, dann hätte er sicher eine Lösung gefunden, um einen anderen Weg zu gehen. Aber es war natürlich sehr schön, den Plan von KTM für die nächsten Jahre zu kennen. Es wird interessant, weiter mit ihnen zu arbeiten.“

Frage: „Sie haben in der Motorrad-WM vom ersten Tag an Ergebnisse abgeliefert. Für einen jungen Fahrer ist das mit jeder Menge Druck verbunden. Wie sind Sie damit umgegangen? Sie haben nach ihrem ersten Sieg die SIM-Karte aus Ihrem Handy genommen, weil so viele Nachrichten kamen, nicht wahr?“

Acosta: „An den guten Tagen steht jeder an deiner Seite und in den schlechten Tagen ist es vielleicht niemand. Es ist schwer zu sagen, aber an manchen Tagen gewinnt man gemeinsam und verliert alleine. Das muss man akzeptieren. Und das habe ich vom ersten Tag an akzeptiert. Wir treten hier an, um zu gewinnen. Alles, was kein Sieg ist, ist ein schlechtes Ergebnis.“

„Stellen Sie sich einen 16-Jährigen vor, der mit nur achttausend Fans in Katar ankommt und mit 180.000 Fans aus Katar nach Hause fährt. Ich weiß noch, wie ich dachte, das Handy sei kaputt, weil es ständig klingelte. Es ließ sich dann gar nicht mehr einschalten. Da sagte ich: ‚Leute, das ist nichts für mich.‘ Ich will ein normaler Junge sein.“

„Das Einzige, was mich von den anderen unterscheidet, ist, dass ich in der Motorrad-Weltmeisterschaft fahre. Das ist mein Job. Das ist das Einzige, aber ich will immer noch derselbe Junge sein. Nach dem Rennen [in Katar 2021] habe ich meine Telefonnummer geändert, weil mich plötzlich jeder über WhatsApp kontaktierte. Also ich meine, auch Leute, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe. Das will ich nicht haben.“

„Außerdem habe ich damals Instagram von meinem Handy gelöscht. Der Druck war mir einfach zu groß. Wenn man in den Medien eine Schlagzeile liest, die da lautet ‚Pedro Acosta ist bla, bla, bla‘, dann liest man sie. Selbst wenn man es nicht will, liest man es. Diese Welt ist nichts für mich. Ich will einfach nur auf die Rennstrecke gehen, Vollgas geben und es genießen. Das ist das, was ich in dieser Meisterschaft vom ersten Tag an versucht habe zu tun.“

Pedro Acosta: Rennfahrer, aber auch Showman
Frage: „Wir haben gesehen, dass Sie gerne mit dem Publikum spielen und eine Show abziehen. Sehen Sie sich nicht nur als Rennfahrer, sondern auch als Showman?“

Acosta: „Ich versuche es, nicht zuletzt deshalb, weil es natürlich ist. Ich mag es einfach, Spaß zu haben. Es stimmt, dass ich bei meinem Einstieg in die Weltmeisterschaft extrem schüchtern war. Aber die Crew hat mir geholfen, all die Energie herauszulassen. An dem Tag, an dem ich nicht gelacht habe, an dem ich keine Witze gemacht habe und an dem ich keine, sagen wir mal, ‚dummen‘ Dinge getan habe, gehe mit dem Gefühl ins Bett, zu viel Energie zu haben. Ich muss dieses Feuer, das ich in mir habe, einfach ausbrennen lassen, Mann!“

„Stellen Sie sich vor, dass ich vor nicht allzu langer Zeit selber noch ein Fan war. Ich weiß, was die Leute sehen wollen. Und das fällt mir leicht, denn ich mag es, die Leute lachen zu sehen. Ich mag es, Witze zu machen. Ich mag es, Dinge zu machen, die für einen 19-Jährigen normal sind. Denn wie schon gesagt will ich einfach ein normaler Junge sein.“

„Ich will nicht in einer Blase leben. Ich möchte ein normaler Typ sein, wie ein Student. Wenn ich zum Beispiel auf Partys gehe, rede ich nie darüber (das Rennfahren; Anm. d. Red.). Ich lasse mich nie auf die Gästeliste setzen oder so etwas. Ich gehe einfach mit all den Leuten hin und habe Spaß. Wenn ich in eine Disco gehe, dann ist der einzige Unterschied zwischen anderen und mir, dass es sich rumspricht, dass ich da bin. Aber hey, ich will einfach nur Spaß haben.“

Frage: „Finden Sie, dass die MotoGP-Szene heutzutage vielleicht zu ernst ist, dass sich die Fahrer zu sehr auf Social-Media konzentrieren anstatt einfach Spaß zu haben?“

Acosta: „Nein, nein. Ich glaube, wir brauchen diese Dinge, um die Leute darauf aufmerksam zu machen. Wenn du auf die Straße gehst und jemanden fragst, egal wen, wer Valentino Rossi ist, dann werden sie es wissen. Auch wenn sie in ihrem Leben noch nie ein Rennen gesehen haben, werden sie wissen, wer er ist. Dasselbe gilt für Messi, Ronaldo, [Michael] Jordan und [Lewis] Hamilton, weil sie Teil der allgemeinen Kultur sind. Das sind Leute, die man kennt. Sie sind Athleten, aber sie gehen über den Sport hinaus.“

„Wir brauchen diese Dinge. Wenn du heutzutage auf die Straße gehst und fragst, wer ist Marc Marquez? Dann werden die Leute ihn kennen, aber es wird viel schwieriger sein als bei einem Valentino Rossi. Typen, die für mich in der Vergangenheit gute Leute waren, wie zum Beispiel Scott Redding, wird niemand kennen. Alvaro Bautista? Niemand wird ihn kennen. Gleiches gilt für Petrucci, ‚Dovi‘ und so weiter. Wir brauchen die ganze Show, um überhaupt präsent zu sein. In den Medien oder wo auch immer müssen wir zeigen, dass es MotoGP gibt und dass MotoGP eine tolle Show ist. Das ist einfach etwas, was wir brauchen.“

Was sich Acosta als MotoGP-Rookie vornimmt
Frage: „Es gibt viele Leute, die sagen, dass Sie 2024 erstaunliche Dinge tun werden, wie sie Marc Marquez in seiner Rookie-Saison getan hat. Das ist natürlich sehr viel verlangt. Was sind Ihre persönlichen Ziele für 2024? Können Sie sich vorstellen, eine Rookie-Saison wie zum Beispiel Brad Binder zu haben?“

Acosta: „Nein. Ich habe keine Ziele für die nächste Saison. Wir müssen noch viele Dinge lernen. Vielleicht stelle ich mir zum Beispiel vor, dass ich zum IRTA-Test nach Katar fahre, wir dort eine gute Abstimmung finden, wir eine gute Elektronik haben und wir damit um das Podium kämpfen können. Aber vielleicht wird sich beim nächsten Rennen alles ändern. Deshalb werde ich versuchen, das Ganze von Rennen zu Rennen zu betrachten. Ich will so viel wie möglich lernen und all die Dinge, die ich in einem Rennen lerne, in das nächste Rennen übertragen. Das ist das, was mir helfen wird, mich zu entwickeln.“

„Und was den Druck betrifft, stellen Sie sich vor, dass ich schon als 16-Jähriger rund um die Uhr von Kameras begleitet wurde. Und ich hörte Dinge wie: ‚Du bist der nächste Marc Marquez. Du schreibst Geschichte. Du brichst Rekorde. So etwas haben wir noch nie gesehen. Du wirst direkt in die MotoGP-Klasse aufsteigen‘. Das war Druck. Jetzt ist es eher ein Spiel. Die Leute können sagen und denken, was sie wollen. Ich mache mir keine Gedanken mehr darüber, worüber die Leute reden.“

„Wenn eines Tages Pit [Beirer] oder wer auch immer von KTM kommt und sagt: ‚Mann, jetzt bist du völlig bescheuert‘, dann werde ich vielleicht anfangen darüber nachzudenken, was die Leute sagen. Schließlich sind Leute wie er meine Chefs, auch Aki [Ajo], auch Herve [Poncharal]. Aber sie kennen mich seit ich ein Kind war.“

„Die Leute da draußen können sagen, was sie wollen. Wenn du gewinnst, bist du der Beste, und wenn du verlierst, bist du ein Loser. Ich weiß nicht, Mann. Wenn man etwas Gutes sagt, ist man ein Held, und wenn man einen Fehler macht, ist es die Hölle. Das ist nicht einfach, aber wir müssen es akzeptieren. Es ist, wie es ist.“

Text von Lewis Duncan, Übersetzung: Mario Fritzsche

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