© Pramac Racing - Gino Borsoi

© Pramac Racing – Gino Borsoi (Mitte) mit seinen neuen Schützlingen Jorge Martin und Johann Zarco

(Motorsport-Total.com) – Gino Borsoi gibt in dieser Saison sein Debüt als Teammanager von Pramac-Ducati und der ehemalige Rennfahrer hegt keine Zweifel daran, dass das Team „alles“ hat, um um den MotoGP-Fahrertitel zu kämpfen.

Nachdem das Satellitenteam infolge des Wechsels von Francesco Guidotti zu KTM ein Jahr ohne soliden Ersatz operieren musste, will Borsoi die Mannschaft wieder auf Kurs bringen. Im Interview erklärt er, wie er diese Aufgabe angeht, spricht über die Unterstützung seitens Ducati und die Chancen von Jorge Martin im Titelkampf.

Frage: „Was haben Sie vorgefunden, als Sie bei Pramac ankamen?“
Gino Borsoi: „Ein Team, das ein enormes Potenzial hat, das bereits weiß, was es zu tun hat. Derjenige, der sich anpassen muss, bin ich.“

„Ich kann nicht wie ein Elefant im Porzellanladen ankommen und alles verändern. Erstens, weil ich die Leute überhaupt nicht kenne, und vor allem, weil es ein Team ist, das in den vergangenen Jahren immer vorne dabei war, Rennen gewonnen hat und das beste unabhängige Team war. Ich hoffe, dass ich meinen Teil dazu beitragen kann.“

„Ich muss daran arbeiten, ein Verständnis dafür zu entwickeln, was das Team braucht. Bis zum Ende der Saison ist es mein Ziel, dem Team das und noch mehr zu geben, um konkurrenzfähig zu sein und die anderen herauszufordern.“

Frage: „Von außen wurde Pramac immer als ein Team mit großem Potenzial gesehen, aber manchmal fehlte die Ordnung, die auf diesem Niveau der MotoGP nötig ist. Wurden Sie von irgendetwas überrascht oder haben Sie gefunden, was Sie erwartet haben?“
Borsoi: „Das ist schwer zu beantworten. Ich komme mit dem Wunsch, zu arbeiten und meinen kleinen oder großen Teil beizutragen. Wenn es mir gelingt, das bisher Erreichte zu verbessern, dann ist das gut für mich.“

„Wir werden es versuchen. Das ist das Ziel – zumindest nicht von der Stufe, auf der sich das Team befindet, herunterzugehen. Ich habe sehr fähige Leute mit großem Willen gesehen. Was in den vergangenen Jahren passiert ist, weiß ich nicht, ich war nicht dabei und will mich nicht über etwas äußern, das ich nicht kenne.“

„Es waren sehr wichtige Teammanager hier, derselbe Guidotti, der jetzt bei KTM ist. Und wenn er dort ist, bedeutet das, dass er bei Pramac einen spektakulären Job gemacht hat. Deshalb hat er die Bedeutung, die er jetzt hat. Ich möchte einfach die Balance halten, die meine Vorgänger in diesem Team hatten, und wenn ich kann, sie verbessern.“

Borsoi: Ducati unterstützt uns zu 100 Prozent
Frage: „Pramacs größtes Problem im vergangenen Jahr war, dass der Ducati-Motor vom Werksteam in letzter Minute doch nicht verwendet wurde. Das machte sie ein wenig zu einem Testteam. Wie ist es jetzt?“
Borsoi: „Die Situation mit Ducati in diesem Jahr ist klar: Wir werden das gleiche Material und das gleiche Motorrad haben, das steht außer Frage.“

„Es ist auch im Interesse von Ducati, dass das Team mit beiden Fahrern Ergebnisse erzielt. Offensichtlich sollte Jorge Martin, wie wir alle wissen, einer der Fahrer des Werksteams sein, und am Ende wurde er es nicht. Das ist besser für Pramac, das muss ich ganz egoistisch sagen, denn dank ihm haben wir einen großartigen Fahrer.“

„Auch mit Johann Zarco haben wir einen guten Fahrer und wir haben eine gute Balance gefunden, die uns von Anfang an eine gute Saison ermöglichen wird.“

Frage: „Es ist nun schon ein paar Monate her, aber die Nachricht, dass Jorge Martin nicht ins Werksteam aufsteigt, hat ihn sehr getroffen. Ein Teil Ihrer Aufgabe ist es, Jorges Freude, Lust und Motivation wiederherzustellen. Hat er sich von diesem Schlag erholt?“
Borsoi: „Wer wäre nicht von einer solchen Entscheidung betroffen? Es hätte mich, dich und alle anderen auch getroffen, das ist normal und menschlich. Ich verstehe seine Enttäuschung und seinen Ärger zu diesem Zeitpunkt der Saison.“

„Aber dies ist eine andere Saison. Wir haben in diesem Winter viel geredet, ich hatte viele Treffen mit ihm, und die Atmosphäre ist im Moment sehr gut, sehr gesund und mit viel Lust, sich zu beweisen. Es hat keinen Sinn, zurückzublicken und sich über etwas zu beschweren, das bereits geschehen ist und das ich nicht sein kann.“

„Jetzt müssen wir beweisen, dass er es verdient hat, im Werksteam zu sein. Wir haben noch die ganze Saison vor uns, und ich denke, er kann es beweisen, also müssen wir uns darauf konzentrieren und nicht zurückblicken.“

Frage: „Was erwarten Sie von Martin und auch von Zarco? Denn manchmal scheint es so, als würde man nicht über Zarco sprechen, der zwar zweimaliger Moto2-Weltmeister ist, aber immer noch auf seinen ersten MotoGP-Sieg wartet.“
Borsoi: „Richtig, aber ich denke, Zarco hat ein großes Potenzial, das er aus dem einen oder anderen Grund noch nicht zeigen konnte, oder er hat es teilweise gezeigt. Denn in den vergangenen beiden Jahren war er immer vorne dabei, besonders im ersten Teil der Saison, als einer der besten Ducati-Fahrer.“

Woran Johann Zarco noch arbeiten muss
„Daran müssen wir mit Johann noch feilen, damit es nicht nur der erste Teil der Saison ist, sondern das ganze Jahr über. Wir arbeiten daran und sprechen viel mit ihm, schaffen ein Team innerhalb von Pramac, um mit ihm zu arbeiten, damit er sich wohler fühlt. Jetzt hat er den technischen Manager, mit dem er die beiden Moto2-Weltmeisterschaften gewonnen hat, und das wird ihm mehr Sicherheit geben.“

„Ich bin hier, um ihn in allem zu unterstützen, was er braucht, mit einer positiven Mentalität für ihn, denn ich sehe die Rennen als ehemaliger Fahrer und als Teammanager. Manchmal sehe ich, was ein Fahrer will oder braucht, oder ob er leidet.“

„Für mich ist es einfacher, das nachzuempfinden, weil ich sie erlebt habe, was andere Teammanager vielleicht nicht können, denn das bringt einem niemand bei.“

Frage: „Was ist mit Jorge? In der Vergangenheit waren Stürze seine Achillesferse. Wie werden Sie daran arbeiten?“
Borsoi: „Wir haben gesehen, wo wir im vergangenen Jahr versagt haben, und darauf liegt der Fokus. Wir wollen nicht dieselben Fehler und schweren Stürze wiederholen, die ihm die Chance genommen haben, gute Ergebnisse zu erzielen und zu zeigen, wie schnell er ist.“

„Im Moment schätze ich Martin und Zarco ehrlich gesagt auf dem gleichen Niveau ein. In Sepang haben wir völlig unterschiedliche Trainingseinheiten und Herangehensweisen absolviert. Wir waren nicht auf die Zeit aus und das Niveau der beiden ist viel höher. Wir arbeiten mehr auf die Rennen hin, denn das ist es, was uns die Punkte bringt.“

„Wir müssen uns darauf konzentrieren, dass alles funktioniert und der Fahrer sich mit dem Motorrad und dem Team wohlfühlt. Wenn wir diese Dinge richtig hinbekommen, werden sich die Ergebnisse automatisch einstellen.“

Pramac und Martin mit Chance auf den Titel?
Frage: „Paolo Ciabatti sagte, dass Ducati alles tun würde, um Martin im Kampf um die Weltmeisterschaft zu unterstützen. Aber wenn man sieht, was vergangenes Jahr passiert ist, fällt es schwer, das zu glauben. Denken Sie, dass Ducati gleiche Bedingungen für Ihre Fahrer schaffen wird?“
Borsoi: „Ja, ich bin hundertprozentig davon überzeugt, nicht weil ich so denke, sondern weil wir darüber gesprochen haben. Wir sind uns da einig. Ducati weiß, dass sie Martin unterstützen müssen, der es verdient hat, und auch Zarco, weil er Teil des Teams und ein Fahrer ist, der großartige Ergebnisse für die Marke erzielen kann.“

„Als Satellitenteam, aber mit offiziellen Motorrädern, haben wir die volle Unterstützung. Wir werden die gleichen Waffen haben. Jetzt liegt es mehr in unseren Händen als in denen von Ducati. Wir haben die Fahrer, die Motorräder, das Material. Das Team ist da.“

„Wir müssen all diese Zutaten zusammenbringen und das Beste daraus machen. Jetzt liegt es an Pramac, Martin die Waffen zu geben, um um den Titel zu kämpfen.“

Kann jetzt wirklich jeder in der MotoGP gewinnen?
Frage: „Aber wir haben noch nie gesehen, dass ein Fahrer aus einem Privatteam MotoGP-Champion geworden ist …“
Borsoi: „Warum nicht? Es ist eine gute Herausforderung. Es ist sicher schwierig, es ist immer noch der Traum aller Satellitenteams, um die Weltmeisterschaft zu kämpfen.“

„Aber wenn wir uns die vergangenen Jahre anschauen, dann ist das Niveau der Teams und der Motorräder besser geworden und die Lücke zu den Werksteams hat sich geschlossen. Wir haben jetzt das gleiche Material. Für Pramac geht es vor allem darum, die Struktur drumherum zu gewährleisten, denn es fehlt uns an nichts.“

Frage: „In diesem Jahr kommen die Sprintrennen ins Spiel, und egal, mit wem man darüber spricht, Martins Name fällt immer als klarer Spezialist für diese Art von Rennen. Was kann er in den Sprintrennen erreichen?“
Borsoi: „Es ist die Frage des Jahres, jeder stellt die gleiche Frage. Martin ist bereit für diese Art von Rennen, weil er ein schneller Fahrer ist und das sehr gut kann, ja, aber es gibt auch viele andere Fahrer, die es gut können. Niemand hat Informationen über diese Art von Rennen und jeder versucht, die neue Situation zu verstehen.“

„Wir werden es nach und nach herausfinden. Das erste Rennen in Portimao wird uns sehr wichtige Informationen liefern. Einige Fahrer sind schneller als andere, aber es ist auch wichtig, dass der Start bei so wenigen Runden noch entscheidender sein wird.“

„Die Fahrer, die normalerweise weiter hinten stehen, werden versuchen, die kurzen Rennen zu nutzen, um gesehen zu werden und einen Podiumsplatz zu erreichen, und sie werden ein bisschen mehr riskieren als in einem richtigen Rennen. Wir müssen dieses neue Format erst kennenlernen und werden sehen, was passiert.“

Text von German Garcia Casanova, Übersetzung: Juliane Ziegengeist

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