(Motorsport-Total.com) – Als Raul Fernandez im Jahr 2021 in seiner Moto2-Rookiesaison acht Rennen gewann, wurde der Spanier schon als nächster Marc Marquez gefeiert. Diesen Erwartungen wurde er in der MotoGP lange nicht gerecht.
Auch zu Beginn seiner vierten MotoGP-Saison blieben nennenswerte Ergebnisse zunächst aus. Im Indonesien-Sprint gelang Fernandez mit Platz drei sein erstes Spitzenergebnis, das er in Australien mit Rang zwei im Samstagsrennen noch verbessern konnte.
Schließlich fuhr er auf Phillip Island zu seinem ersten Grand-Prix-Sieg in der Königsklasse. „Ich kann es immer noch nicht glauben“, sagt der zweite Premierensieger in der MotoGP-Saison 2025. „Ich hätte nie gedacht, dass wir die Möglichkeit haben, den Sieg zu holen.“
„Als ich Pedro [Acosta] überholt und gesehen habe, dass ich ein sehr ähnliches Tempo wie Marco [Bezzecchi] habe, habe ich gesagt: Okay, vielleicht ist es der Tag, aber du darfst keinen Fehler machen.“
„Und in diesem Moment habe ich einfach versucht, nicht zu viel nachzudenken und den Moment zu genießen. Das habe ich getan. In den letzten vier Runden habe ich versucht, keinen Fehler zu machen, aber der Reifen war am Ende und ich konnte den Lenker nicht mehr richtig halten.“
„Ich habe versucht, noch entspannt zu bleiben, aber in der letzten Runde, im letzten Sektor, habe ich im Helm angefangen zu weinen. Ich freue mich für Trackhouse und Aprilia, da es ihr 300. Grand-Prix-Sieg ist.“
Aufgrund der ausbleibenden Ergebnisse auch in seiner vierten Saison wurde Fernandez von seinen Kritikern angezählt. Nach den ersten fünf Saisonrennen war ein zwölfter Platz sein bestes Ergebnis. Erst im Regen von Le Mans gelang mit Rang sieben das erste Top-10-Resultat.
„Für mich war der große Wendepunkt der Test in Jerez“, sagt der Spanier. „Wir hatten viel Zeit zum Arbeiten. Ich denke, ich habe zu Beginn der Saison einen sehr großen Fehler gemacht, als ich in Sepang gestürzt bin und verletzt war.“
Denn dadurch verpasste er Wintertesttage und hatte keine optimale Saisonvorbereitung. „Mein Comeback war ziemlich früh und hat nicht geholfen, das Motorrad richtig zu entwickeln. Also war für mich im Grunde der große Unterschied, dass wir in der Mitte der Saison Tests hatten.“
„Dort hatten wir Zeit, zu arbeiten, und wir haben etwas gefunden, das mir hilft, das Motorrad besser zu fahren. Es war sehr schwierig, aber das Gute ist, dass ich das Gefühl habe, wirklich gute Menschen um mich zu haben, die mir sehr geholfen haben.“
Gedanken an ein Karriereende im Frühling
Bei DAZN Spanien schildert er, wie ernst die Lage im Frühling war: „Es gab einen Moment, in dem ich darüber nachgedacht habe, nicht mehr in der MotoGP weiterzumachen, weil ich keinen Spaß mehr hatte. Da kam die menschliche Seite des Teams und meiner Familie ins Spiel.“
„Nach dem Rennen in Jerez, das ein schwieriger Moment für mich war, sind mein Crewchief, mein Coach und ich vor dem Test Pizza essen gegangen und wir haben gesagt: Wenn wir die Situation drehen können, großartig, aber wenn nicht, dann müssen wir eine Lösung finden.“
„Denn ich war nicht glücklich. Die Dinge haben nicht funktioniert, und ich konnte morgens nicht einmal mehr mit einem Lächeln aufstehen. Von da an haben sie mir geholfen und mich ruhiger gemacht.“
„Und auch im letzten Jahr, als ich entschieden habe, im Team zu bleiben, denke ich, war es die beste Entscheidung, hier mit einem Werksmotorrad zu bleiben. Das hat mir sehr geholfen, den Druck abzulegen, bei mir zu bleiben und auf meine Weise zu arbeiten.“
„Ich denke, das war der Schlüssel. Nach einem sehr schwierigen Jahr bin ich wieder in einer Position, um zu gewinnen. Ich kann es immer noch nicht glauben, aber wenn ich etwas sagen muss, dann, dass ich hier bin wegen meiner Familie und meines Bruders. Er hat mir immer sehr geholfen.“
„Natürlich hat mir auch das Team sehr geholfen, aber er ist die wichtigste Person in meinem Leben. Und wenn ich in einer sehr schwierigen Situation bin, unterstützt er mich immer.“ Sein jüngerer Bruder Adrian Fernandez fährt in der Moto3-Klasse.
Selbst nach Sprintpodium glaubte er nicht an den Sieg
Schon im Sprint lag Fernandez an der Spitze, aber Bezzecchi war letztendlich stärker. Vor dem Grand Prix war klar, dass Bezzecchi zwei Long-Lap-Strafen hatte und sich somit für die Konkurrenz ein Fenster öffnen würde.
„Aber ich dachte trotzdem, dass er das Tempo hat, um zurückzukommen“, sagt Fernandez über seinen Aprilia-Kollegen. „Um ehrlich zu sein, habe ich nicht viel an den Sieg gedacht. Ich habe nur gedacht: Ich versuche, mein erstes Podium zu holen.“
„Der Moment, in dem ich gesehen habe, dass wir die Möglichkeit haben, um den Sieg zu kämpfen, war, als ich Pedro überholt habe und ein sehr ähnliches Tempo wie Marco hatte. In diesem Moment habe ich gesagt: Okay, er muss zwei Long-Laps fahren.“
„Vielleicht können wir hier einen Vorsprung bekommen und vielleicht kann er mit diesem Rückstand nicht mehr zurückkommen. Aber trotzdem habe ich versucht, ruhig zu bleiben und keinen Fehler zu machen. Das hat mir sehr geholfen, fokussiert zu bleiben.“
„In den letzten drei, vier Runden baute der Reifen stark ab. Ich habe einfach versucht zu überleben. Für mich war das Schwierigste, als ich Kurve 10 verlassen habe und in den letzten Sektor gegangen bin, da habe ich angefangen zu weinen.“
„Die gesamte letzte Runde habe ich geweint, weil ich heute Morgen niemals gedacht habe, dass dies der Tag sein könnte, um den Sieg zu holen.“ In der Fahrerwertung verbesserte sich Fernandez auf WM-Platz zehn. So weit vorne lag er noch nie.
300. Grand-Prix-Sieg für Aprilia
Mit seinem ersten Grand-Prix-Sieg hat der Spanier in mehrfacher Hinsicht Geschichte geschrieben. Auch für das Trackhouse-Team war es der erste Erfolg in der Motorrad-Weltmeisterschaft. Für Aprilia war es klassenübergreifend der 300. Grand-Prix-Sieg.
1987 feierte Aprilia den ersten seiner 300 Siege, errungen durch Loris Reggiani in der 250er-Klasse in Misano. 1999 folgte der erste große Meilenstein: Sieg Nummer 100 durch Valentino Rossi in Welkom, ebenfalls in der mittleren Klasse.
2006 erzielte Mattia Pasini auf dem Sachsenring in der 125er-Klasse Sieg Nummer 200. Zu den prägenden Persönlichkeiten der Aprilia-Geschichte gehört Rossi, der mit 26 Siegen der erfolgreichste Grand-Prix-Fahrer der italienischen Marke ist.
Text von Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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