Marc Marquez - © Motorsport Images

© Motorsport Images – Marc Marquez fordert von Honda größere Fortschritte

(Motorsport-Total.com) – Der erste und bisher einzige Wintertest für die MotoGP-Saison 2023 hat den Eindruck hinterlassen, dass der neue Honda-Prototyp nicht die Erwartungen erfüllt hat.

Marc Marquez erschien nach diesem Test in Valencia ziemlich enttäuscht bei seiner Medienrunde.

Seine Körpersprache und seine Aussagen ließen die Alarmglocken schrillen. „Das ist nicht gut genug, um zu gewinnen“, sagte der achtmalige Motorrad-Weltmeister und sorgte damit für große Zweifel bezüglich des Potenzials der neuen RC213V.

Nach seiner vierten Armoperation hat Marquez im August das Fahrerlager in Spielberg besucht. Dort benannte er seiner Meinung nach die Ursache für die Stagnation von Honda: „Das Problem ist nicht das Motorrad, es ist das Projekt.“

„Die Information muss auf die richtige Weise fließen. Wichtig ist, dass wir verstehen, welche Richtung wir einschlagen müssen. Wenn ich über Änderungen spreche, dann meine ich das Konzept, die Koordination.“

In Österreich hat Marquez darüber öffentlich gesprochen. Aber schon in Mugello hat er das intern diskutiert, bevor er in die USA für seine letzte Operation geflogen ist. Honda hat damals direkt reagiert.

Honda-Manager übernehmen die Verantwortung
Man schickte Shinichi Kokubo, den Entwicklungsdirektor, zum nächsten Rennen in Barcelona. Der Japaner übernahm die Leitung des Projekts von Tetsuhiro Kuwata, dem General Manager von HRC, und von Technikdirektor Takeo Yokoyama.

Beim Test nach dem Saisonfinale in Valencia tauchte auch Shinya Wakabayashi in der Box auf. Er ist der General Manager von Hondas Rennabteilung. „Sie sind gekommen, um zuzuhören“, sagt Marquez über die zahlreichen japanischen Ingenieure in der Box.

„Wichtig ist, dass die Verantwortlichen jeder Abteilung da waren, um zu verstehen worauf sie über den Winter den Fokus der Arbeit legen müssen. Bisher war es nur eine Person, die Notizen gemacht hat und sie dann weitergegeben hat.“

Damit meint Marquez Yokoyama, der bisher das Verbindungsglied zwischen dem Rennteam und Japan gewesen ist. „Diesmal war jeder Manager hier. Alle haben verstanden, dass wir einen Schritt weitergehen müssen“, hält Marquez fest.

Kokubu, Wakabayashi und Kuwata haben die Leitung des neuen Projekts übernommen. Yokoyama hat einen Schritt zur Seite gemacht und könnte im nächsten Jahr ganz aus dem Rennteam ausscheiden. Bestätigt ist das von Honda noch nicht.

Marc Marquez macht Druck
Seit dem Misano-Test Anfang September wurde die Entwicklung des Prototypen intensiviert. Aber zwei Monate waren nicht genug Zeit, um bis Valencia die benötigten Komponenten für eine große Änderung zu entwickeln. Es wurden aber neue Teile getestet.

Honda hat Marquez gebeten, geduldig zu sein und bis zu den Tests im Februar in Malaysia zu warten. Dort wird es für das neue Konzept mehr geben. „Sie sagten mir, dass wir in Malaysia einen Schritt mehr machen werden. Aber ein Schritt ist nicht genug, wir brauchen zwei“, so Marquez.

Auch Teamchef Alberto Puig schlug in die gleiche Kerbe: „Zweifellos arbeiten sie in Japan hart. Das ist klar und wissen wir, aber leider haben wir noch nicht die richtige Richtung gefunden. Wir brauchen drei Schritte, um auf einen guten Weg zu kommen.“

Ein Mitglied des Honda-Teams, das anonym bleiben möchte, hat beim Valencia-Test folgendes gegenüber der spanischen Edition von ‚motorsport.com‘ gesagt: „Man muss die Fahrer verstehen. Marc war hart, aber das ist sein Job. Er macht Druck auf Honda.“

Ein Detail passt zu dieser Sichtweise, denn Marquez hat an diesem Testtag nie eine schnelle Runde in Angriff genommen. Er ist 50 Runden gefahren und ist nie mit dem weichen Reifen ausgerückt, um das Limit auszuloten.

Der Spanier beendete den Tag als 13., sechs Zehntelsekunden hinter Luca Marini. Der Tagesschnellste ist mit einem weichen Reifen einen Qualifying-Versuch gefahren. Marquez hätte eine bessere Zeit fahren können, aber das hätte die falsche Botschaft gesendet.

Die neuen Honda ist besser als 2022
„Das Motorrad ist besser als das 2022er-Motorrad“, sagt das Teammitglied. „Der Motor hat etwas mehr Leistung und bremst gut. Aber es fehlt so wie beim vorherigen Motorrad hinten immer noch Grip am Kurvenausgang.“

Es wird sich zeigen, ob die RC213V gut genug sein wird, um gegen Ducati zu kämpfen – der Benchmark im Feld. Die Desmosedici zeichnete immer Power und Speed auf der Geraden aus, aber die Konkurrenz hat in diesem Bereich aufgeholt.

Das italienische Motorrad kommt auch besser aus den Kurven heraus als die Konkurrenz, denn die Traktion ist besser. Das macht den Unterschied und ist ein Faktor, warum das Motorrad derzeit so gut und auf allen Strecken konkurrenzfähig ist.

Joan Mir hat in Valencia drei Motorräder getestet. Das 2022er-Modell sowie jenes vom Misano-Test. Nachdem sich Marquez dazu entschlossen hatte, den Tag zu beenden, konnte Mir auch mit dem Prototypen für 2023 fahren.

„Am Anfang war er überrascht, wie das Motorrad fährt“, berichtet das Honda-Teammitglied. „Aber er hat über den Motor gesagt, dass er nicht so aggressiv ist, wie er erwartet hat.“ Das kann als gutes Zeichen interpretiert werden, denn Mir hatte ja noch das Gefühl von der Suzuki als Referenz.

Der neuen Honda fehlt es weiterhin an Traktion
Mir durfte nach dem Test nicht mit Journalisten sprechen, weil er noch bis 31. Dezember bei Suzuki unter Vertrag steht. Aber Marquez ließ durchblicken, dass auch Mir die Traktion als Bereich identifiziert hat, der verbessert werden muss – vor allem im Vergleich zur GSX-RR.

„Einer der Punkte, die deutlich verbessert werden müssen, ist die Traktion“, sagte Marquez bei einem Event in Jarama, wo er Biosprit von Repsol getestet hat. „In diesem Bereich können wir Fortschritte machen, weil auch Mir und Rins diese Aussagen getroffen haben.“

„Für die Ingenieure ist es wichtig, dass neue Fahrer von einer anderen Marke gekommen sind. Vor allem hat einer davon das letzte Rennen gewonnen.“ Bei dieser Veranstaltung in Jarama schwächte Marquez außerdem seine deutlichen Worte von Valencia wieder etwas ab.

„Der Valencia-Test war eine präzise Trainingssession, wo Aussagen und Hinweise getätigt wurden. Ich denke, dass es generell gut war, denn was wir getestet haben, war ein Schritt vorwärts. Aber es ist klar, dass Honda weiterarbeiten muss, damit wir ein konkurrenzfähiges Paket haben.“

Marquez deutete auch Licht am Ende des Tunnels an: „Ärger und Vorwürfe sind nicht gut, weil sie zu Panik führen. Das Engagement von Honda ist bei zehn. Man hat ihre Reaktion gesehen, als viele Ingenieure in Valencia in der Box waren.“

„Wir werden den nächsten Schritt im Februar sehen. Mein Vertrauen zu Honda ist groß. Ich bin überzeugt, dass ich beim besten Hersteller der Welt bin und einem, der so eine Situation drehen kann.“ Im Februar wird man mehr wissen.

Text von German Garcia Casanova, Übersetzung: Gerald Dirnbeck

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