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© Circuitpics.de – Die Ducati mit der Startnummer 1 liegt in der WM vorn, aber nicht so klar wie im Vorjahr

(Motorsport-Total.com) – Mit 27 Siegen aus 36 Rennen drückte Alvaro Bautista der WSBK-Saison 2023 seinen Stempel auf.

Doch von der klaren Dominanz der vergangenen Saison sah man bei den bisherigen Rennen der WSBK 2024 nicht viel. Bautista übernahm in Assen zwar die WM-Führung, doch von den neun Rennen konnte er nur ein Hauptrennen und einen Sprint für sich entscheiden.

Die Fans des 39-jährigen Spaniers machen in erster Linie das neue kombinierte Mindestgewicht verantwortlich. Ducati musste an der Panigale V4R einige Zusatzgewichte unterbringen, um auf das vorgeschriebene kombinierte Mindestgewicht zu kommen. Doch wenn man Bautista genau zuhört, dann erkennt man, dass das Mehrgewicht nur ein Teil des Problems ist.

Wir haben exklusiv bei Ducati-Technikkoordinator Marco Zambenedetti nachgehakt und uns erkundigt, was sich von 2023 zu 2024 verändert hat. „Alvaro hat in diesem Jahr größere Probleme, das Motorrad bei bestimmten Manövern zu kontrollieren. Er hat diesbezüglich zu kämpfen“, stellt der italienische Ducati-Ingenieur fest.

„Zudem haben wir bei den Tests sehr viel Zeit geopfert, um an der Gewichtsverteilung zu arbeiten. Bei den Tests im Januar war er nicht richtig fit, weil er sich noch von der Schulterverletzung erholt hat, die er sich beim Jerez-Test zugezogen hat. Diese drei Faktoren sind der Grund, warum Alvaro beim Saisonbeginn stärker zu kämpfen hatte“, fasst Marco Zambenedetti zusammen.

Zusatzgewicht: Warum Ducati so viele Tests absolvieren musste
Das Zusatzgewicht stellte Ducati vor eine Herausforderung. „Es gibt verschiedene Wege, das Gewicht unterzubringen“, bemerkt Marco Zambenedetti. „Unsere Aufgabe war es, herauszufinden, wo es am besten platziert ist.“

Doch im Vergleich zum Rennsport auf vier Rädern ist die Gewichtsverteilung im Motorradsport schwieriger, weil sich die Lage des Fahrzeugs ständig ändert. „Bei einem Auto ist es einfacher, weil man in diesem Fall das Ziel verfolgt, das Gewicht so tief wie möglich zu platzieren. Bei einem Motorrad ist das aber anders“, bestätigt Marco Zambenedetti.

Auf Grund der vorgeschriebenen Seriennähe gibt es nicht so viele Möglichkeiten. „Wir müssen den originalen Rahmen verwenden und haben deshalb nicht die Möglichkeit, die Geometrie zu verändern“, erklärt Marco Zambenedetti.

Erste Erfahrungen sammelte man beim Jerez-Test im November 2023 und den Tests im Januar vor der Reise nach Australien. Auch beim Barcelona-Test vor dem Europaauftakt wurde weiter an der Gewichtsverteilung getüftelt. Für Ducati war das Neuland, denn in der Vergangenheit gab es nie die Vorgabe, ein Motorrad zu beschweren.

„Es ist ein neues Aufgabengebiet für Ducati Corse. Diesbezüglich haben wir nicht viele Erfahrungen“, gesteht Marco Zambenedetti. „Deshalb müssen wir daran arbeiten. Es gab viele Berechnungen im Werk. Der Prozess ist jetzt zu 90 Prozent abgeschlossen.“

Die Arbeit an der Gewichtsverteilung verhinderte, dass sich Ducati auf das Set-up konzentrieren kann. „Wir möchten nicht so viele Änderungen vornehmen und uns stattdessen lieber mit der normalen Abstimmung des Motorrads befassen“, nennt Marco Zambenedetti den Kurs für die kommenden Rennwochenenden.

Wie die neue Mindestgewicht-Regel entstand
Das kombinierte Mindestgewicht ist ein Kompromiss. Gemeinsam wurde vereinbart, die Marke von 80 Kilogramm (Fahrer inklusive Ausrüstung) als Orientierung zu nehmen. Liegt ein Fahrer unterhalb dieser Marke, dann muss er die Hälfte der Differenz zuladen, sofern das Motorrad das Mindestgewicht erreicht. Ist ein Motorrad schwerer, dann verringert sich der Ballast.

Marco Zambenedetti arbeitete in der Vergangenheit mit verschiedenen Fahrern. Chaz Davies und Scott Redding waren sehr groß, Alvaro Bautista ist das andere Extrem. „Es ist nicht immer nur ein Nachteil, größer und schwerer zu sein. Für bestimmte Manöver ist es ein Vorteil“, bemerkt der Ducati-Technikkoordinator.

„Wir haben zusammen mit den anderen Herstellern einige Simulationen durchgeführt und sind zum Kompromiss gekommen, dass wir die Hälfte von der Differenz als Ballast zuladen“, erklärt Marco Zambenedetti.

Geringere Spritmenge und E-Anteil: Ducati kämpft mit der Umstellung
Neben dem neuen Mindestgewicht wurde für die WSBK-Saison 2024 auch eine Reduzierung des Tankvolumens auf 21 Liter und ein Biosprit-Anteil von 40 Prozent vorgeschrieben. Diese Änderungen spielten Ducati nicht in die Karten, denn die Panigale V4R verbraucht auf Grund der hohen Drehzahlen tendenziell mehr Sprit als die anderen Superbikes.

„Wir sind zu Kraftstoffen mit 40 Prozent Bioanteil gewechselt. Diese Kraftstoffe sind nicht so leistungsfähig und führen zu Problemen“, schildert Marco Zambenedetti. „Zudem wurde die Spritmenge für die Rennen reduziert. Wir haben drei Liter weniger zur Verfügung. Das hat zur Folge, dass wir den Motor magerer abstimmen mussten.“

„Der Motorcharakter änderte sich. Alvaro bereitet die neue Kraftentfaltung einige Schwierigkeiten“, lässt Marco Zambenedetti durchblicken. „Es ist nicht so wie im Vorjahr. Wir haben intensiv auf dem Prüfstand gearbeitet, um das gewohnte Gefühl zurückzufinden.“

Auf Strecken wie Barcelona, Misano, Portimao, Magny-Cours und Aragon muss Ducati die Abstimmung des V4-Motors abmagern, um über die Distanz zu kommen.

Wird Nicolo Bulega ab 2025 die neue Nummer eins von Ducati?
Im Rahmen des WSBK-Heimspiels in Misano am Wochenende möchte Alvaro Bautista entscheiden, ob er am Saisonende zurücktritt oder ob er noch ein Jahr dranhängt. Dank dem starken WSBK-Debüt von Nicolo Bulega muss sich Ducati aber ohnehin keine Sorgen um die Zukunft machen.

Bulega begann seine WSBK-Karriere mit einem Sieg im ersten Rennen und liegt in der Meisterschaft nach den Events auf Phillip Island, in Barcelona und in Assen in Schlagdistanz zur Spitze.

„Es ist keine Neuigkeit, dass er über sehr viel Talent verfügt“, kommentiert Marco Zambenedetti. Doch Bulegas Karriere nahm in der Motorrad-WM einen enttäuschenden Verlauf. Der Wechsel ins WSBK-Paddock war für den Italiener eine neue Chance.

„In der Supersport-WM gelang es ihm, sein Talent richtig zum Ausdruck zu bringen. Diese neue Chance hat er sehr gut genutzt“, lobt Marco Zambenedetti. „Er kann jetzt sein Bestes zeigen. Das ist auf seine mentale Einstellung zurückzuführen.“

„Ich bin beeindruckt, wie schnell er das Fahren des Superbikes gelernt hat und wie schnell er ist. Ich hatte bereits hohe Erwartungen, was seinen Fahrstil und die Rundenzeiten betrifft. Doch er ist jetzt so gut, dass es selbst mich überrascht“, gesteht der Ducati-Verantwortliche.

Text von Sebastian Fränzschky

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