Fabio Quartararo - © Motorsport Images

© Motorsport Images – Quartararo legte die letzten fünf Runden in Barcelona mit offenem Overall zurück

(Motorsport-Total.com) – Während KTM-Werkspilot Miguel Oliveira den Grand Prix von Katalonien in Barcelona – das siebte Rennen der laufenden MotoGP-Saison 2021 – für sich entschieden hat, wurde der zum fünften Mal in Folge von der Pole gestartete Yamaha-Werkspilot Fabio Quartararo nach einer Drei-Sekunden-Strafe – zunächst – als Vierter gewertet.

Die (erste) Strafe aber (für Abkürzen der Strecke in den Kurven 1/2) ist nicht das, weshalb Quartararo im Fokus steht. Vielmehr ist es der ungewöhnliche Vorfall, dass er die letzten fünf Runden des Rennens mit deutlich sichtbar offenem Overall zurücklegte. Was war passiert?

„Ich weiß nicht, was passiert ist“, so Quartararo nach dem Rennen. „Ich weiß nur, dass fünf Runden vor Schluss in der ersten Kurve plötzlich meine Lederkombi komplett offen war“, so der Franzose, der sich mit „offen“ auf den Reißverschluss bezieht. Als er das bemerkte, warf Quartararo seinen Brustprotektor auf die Strecke, weil er stark flatterte und ihn beim Fahrern störte.

„Ich habe dann versucht, ihn (den Reißverschlus; Anm. d. Red.) wieder in eine normale Position zu ziehen, aber das war nicht möglich“, sagt Quartararo weiter und stellt klar heraus, dass ihn das Problem vom Fahren ablenkte: „Es war schwierig, so zu fahren. Aber leider passiert so etwas.“ Auf Nachfrage, ob es das obere Ende des Reißverschlusses war, das einfach nach unten rutschte, antwortet Quartararo kurz und knapp mit: „Ja.“

Die Frage bleibt natürlich trotzdem, wie so etwas passieren konnte. „Es ist heute passiert. Alpinestars wird sich das anschauen, wie so etwas möglich war“, spricht Quartararo auf den Hersteller des Overalls an und fügt hinzu: „Nach dem Rennen war es möglich, ihn wieder zu schließen.“

Hätte es die schwarze Flagge geben sollen?
In der Pressekonferenz nach dem Rennen wurden die Top 3 befragt, ob Quartararo ihrer Ansicht nach aus dem Rennen hätte genommen werden müssen. „Letzten Endes ist es die Rennleitung, die in solchen Fällen entscheidet“, bemerkt Sieger Miguel Oliveira.

„Ich persönlich kann mich nicht erinnern, das so etwas in der Vergangenheit schon mal vorgekommen wäre“, so Oliveira weiter. „Wir haben schon gesehen, dass Teile von Motorrädern davongeflogen sind, wie etwa Winglets oder der Sitz. Aber so etwas ist neu.“

„Wann immer die Sicherheit des Fahrers gefährdet ist, muss die Rennleitung entscheiden. Wenn es auf den TV-Bildern klar erkennbar war, dass er seinen Overall nicht schließen konnte, dann finde ich, dass es im Sinne seiner eigenen Sicherheit die schwarze Flagge hätte geben sollen“, so Oliveira.

Johann Zarco, der direkter Profiteur von Quartararos Problem war, sieht es genauso: „Ich finde, es war nicht gefährlich für uns, aber gefährlich für ihn. Man kann mit einer offenen Lederkombi einfach nicht fahren. Das ist einfach gefährlich und deshalb finde ich, dass eine schwarze Flagge im Sinne seiner eigenen Sicherheit Sinn ergeben hätte.“

Auch der zweimalige MotoGP-Weltmeister Casey Stoner sieht es so. „Unabhängig davon, ob Fabio Quartararo seinen Reißverschluss mit Absicht geöffnet hat oder nicht, glaube ich, dass es eine schwarze Flagge hätte geben müssen. Es darf nicht sein, dass einem auf diesem Level erlaubt wird, mit über 350 km/h zu fahren, wenn deine Lederkombi offen ist“, setzte Stoner seine Meinung kurz nach dem Rennen via Twitter ab.

Jack Miller stimmt der Meinung von Oliveira und Zarco aus der Pressekonferenz zwar zu. Der Ducati-Pilot versetzt sich aber auch in Quartararos Lage: „Als Fahrer denkst du in so einer Situation nicht an die Sicherheit. Du denkst einfach nur an dein Rennen und das Ergebnis. Hätte es dafür eine Strafe gegeben, wäre er sicherlich richtig sauer gewesen.“

„Grundsätzlich finde ich, dass sich das jemand mal anschauen sollte“, so Miller, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass genau eine solche Untersuchung seitens des Herstellers Alpinestars bereits angekündigt ist.

Quartararos Rennen: Aufholjagd und Zeitstrafe für Abkürzung
Was den Rennverlauf vor dem ungewöhnlichen Zwischenfall betrifft, so war es für Quartararo nicht die dominante Vorstellung, die man angesichts seiner Pace im FT4 vom Samstag hatte erwarten können. Von der Pole gestartet, verlor er die Führung in der ersten Kurve an Miller. Nach der zweiten Runde war Quartararo gar nur Fünfter hinter Spitzenreiter Oliveira, Miller, Suzuki-Pilot Joan Mir und Aprilia-Pilot Aleix Espargaro.

An Espargaro, Mir und Miller kam Quartararo vorbei. Mehr noch: Bei Halbzeit des Rennens ging er auch an Oliveira vorbei und übernahm die Führung. Nur zwei Runden später aber konterte der KTM-Pilot und gab die Führung anschließend nicht mehr ab. Quartararo lauerte an zweiter Stelle und hätte womöglich noch eine Schlussattacke starten können.

Doch fünf Runden vor Schluss trat das Problem mit der Lederkombi auf. So kam Zarco an Quartararo vorbei und belegte letztlich knapp hinter Sieger Oliveira den zweiten Platz. Quartararo fuhr zwar als Dritter über die Ziellinie. Weil er aber in der Schlussphase einmal den Bremspunkt in Kurve 1 verpasst hatte und in die Penalty-Spur auswich, dabei aber nach Ansicht der Kommissare zu schnell wieder auf die Strecke zurückkehrte, gab es die eingangs erwähnten drei Sekunden Strafe.

Mit der Zeitstrafe ist Quartararo nicht einverstanden. „Ich stimme nicht zu, dass sie mir dafür drei Sekunden aufgebrummt wurden, die mich von P3 auf P4 zurückgeworfen haben“, so der Franzose, um mit Blick auf eine eventuelle zweite Strafe aufgrund des Overall-Problems anzumerken: „Ich finde, diese [Zeit-]Strafe ist schon mehr als genug. Ich habe das Rennen zu Ende gefahren und alles ist gut gegangen. Es bringt nichts, jetzt darüber zu diskutieren, was hätte passieren können.“

Nachträgliche zweite Drei-Sekunden-Strafe
UPDATE 19:10 Uhr MESZ: Am Sonntagabend hat Quartararo doch noch eine zweite Strafe aufgebrummt bekommen. Wie bei der ersten für den erlangten Vorteil durch Abkürzen der Strecke handelt es sich auch bei der zweiten für das nicht ordnungsgemäße Tragen der Rennkleidung um eine Drei-Sekunden-Strafe. Somit rutscht Quartararo im offiziellen Endergebnis vom dritten Platz nicht nur auf den vierten, sondern auf den sechsten Platz ab.

Der entsprechende Paragraph im MotoGP-Reglement ist Paragraph 2.4.5.2, der besagt, dass „die Ausrüstung zu jeder Zeit auf der Strecke korrekt gesichert getragen werden muss“. Ausrüstung ist dabei spezifiziert als: Helm, Lederkombi, Handschuhe, Stiefel, Rückenprotektor und Brustprotektor.

Mit P6 hat Quartararo im Endeffekt nicht sieben, sondern zehn Punkte auf Zarco eingebüßt. Vor dem nächsten Rennen, dem Grand Prix von Deutschland am 20. Juni auf dem Sachsenring, führt Quartararo die aktuelle MotoGP-Gesamtwertung 2021 nun nur noch mit 14 Punkten Vorsprung auf Landsmann Zarco an.

Text von Mario Fritzsche, Co-Autor: Vincent Lalanne-Sicaud

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