Sachsenring - © FGlaenzel

© FGlaenzel – Aktuell gibt es keine konkreten
Pläne für einen Neubau des Sachsenrings

Seit der Saison 1998 gastiert die Motorrad-Weltmeisterschaft auf dem neuen Sachsenring. Obwohl der Deutschland-Grand-Prix Jahr für Jahr um die 200.000 Besucher anzieht und Kultstatus genießt, ist das Event nicht unumstritten.

Die Betreiber kämpfen seit Jahren mit den Anwohnern, die sich über den Lärm beschweren. Zudem stößt die Infrastruktur an ihre Grenzen, wenn am Renntag Hunderttausende anreisen. Da der Sachsenring keine permanente Rennstrecke ist, fallen teilweise horrende Ausgaben an. Und dann gibt es noch die Kurve 11 – das ewige Leidthema.

‚Motorsport-Total.com‘ hat sich mit Wolfgang Streubel unterhalten, der bis zum vergangenen Jahr Geschäftsführer der Sachsenring Rennstrecken-Management GmbH (SRM) war. Wir wollten erfahren, ob es in der Vergangenheit Überlegungen gab, außerhalb von Hohenstein-Ernstthal eine komplett neue Strecke zu bauen, um den vorherrschenden Problemen aus dem Weg zu gehen.

„Es gab bereits eine Diskussion in der Staatskanzlei“, bestätigt Streubel und holt ein bisschen aus. Er erklärt, warum der neue Sachsenring am aktuellen Standort gebaut wurde: „Anfang der 1990er-Jahre hatte ich ein eigenes Planungsbüro. Es gab ein Treffen der Besitzer der umliegenden Planungsbüros. Thema war damals, ein gemeinsames Sponsoring auf die Beine zu stellen. Das war die Vision des damaligen Landrates. Wir haben darauf hingewiesen, dass eine Standortuntersuchung wichtig wäre. Doch die Entscheidung stand bereits fest. Die neue Strecke sollte in der Region des alten Sachsenrings entstehen.“

Neubau außerhalb von Hohenstein-Ernstthal?
Streubel betreute 2004 als ehemaliger Bauplaner die Umbaumaßnahmen am Sachsenring. Schlussendlich landete er bei der SRM und kümmerte sich um das MotoGP-Event. Er wurde mit vielen Problemen konfrontiert und beschäftigte sich über die Jahre auch mit der Idee, außerhalb des Ortes einen ganz neuen Sachsenring zu bauen.

„Es gab die Idee, das große Gewerbegebiet, das schlussendlich hier entstand, in Richtung Autobahnzufahrt zu bauen. Das wäre sinnvoller gewesen, denn der Standort ist unmittelbar neben der Autobahnausfahrt. Diese Fläche würde sich auch anbieten, wenn man mit einem Neubau der Strecke liebäugelt“, kommentiert er.

„Man hätte weniger Probleme mit dem Verkehr. Die Lärmproblematik würde es nicht existieren. Klar, es befindet sich auf einem Berg, aber mit Erdarbeiten könnte man die Strecke so bauen, dass die Lautstärke nur nach oben strahlt“, erklärt Streubel. „Es wäre eine Alternative, wenn die Lärmvorschriften zu noch mehr Einschränkungen führen. Das VSZ (Verkehrssicherheitszentrum) hätte mehr Freiheiten. Gleiches gilt für sämtliche Rennsportaktivitäten.“

Wolfgang Streubel nimmt die Politik in die Pflicht
Doch ohne Unterstützung der Politik ist die Umsetzung eines Projekts in dieser Größenordnung nicht möglich. „Bedingung wäre, dass das Projekt seitens der Landesregierung offensiv vertreten wird. Man könnte mit einer neuen Strecke viele Probleme lösen“, stellt Streubel klar.

Aber wie wahrscheinlich ist es, heutzutage den Neubau einer Rennstrecke durchzusetzen? Die übrig gebliebenen Kurse kämpfen hierzulande um das Überleben. Laut Streubel darf man sich nicht täuschen lassen: „Unterm Strich ist die Umwegrentabilität entscheidend. Man muss sich klar werden, was die Region einnimmt. Ich denke da an die vielen Hotels, Gaststätten, alle involvierten Dienstleistungs-Unternehmen und so weiter. Man kann nicht immer nur die Strecke isoliert betrachten“, betont der ehemalige SRM-Chef, der sich mehr Initiative der Politik wünscht: „In Hockenheim ist die Stadt zum Beispiel der größte Gesellschafter“, bemerkt er.

Rennveranstaltungen reichen nicht aus
Zudem reicht es heutzutage nicht mehr, einfach nur Rennveranstaltungen durchzuführen. Rennstreckenbetreiber müssen über den Tellerrand schauen. „Die Ausgaben müssen auch durch Konzerte oder ähnliche Veranstaltungen kompensiert werden. Das ist meine Intention“, kommentiert Streubel, der bereits konkrete Vorstellungen hat.

„Wenn es nach mir ginge, dann hätten wir eine massive Tribüne in Teilen und den Rest als Erdwall in der Sachsenkurve. Dort könnte man einen Stadioncharakter herstellen, wenn man eine Bühne ins Kiesbett stellt und 20.000 bis 25.000 Leute beschallt. Es gibt bereits einen Entwurf für solch eine Tribüne in der Schublade. Ich stufe solche Maßnahmen als Wirtschaftsförderung ein. Es würde den Sachsenring stärken, wenn es zwei große Konzerte im Jahr gibt“, bemerkt Streubel.

Und dann gibt es abgesehen von den Themen Lärm und Finanzierung noch das leidige Thema Kurve 11. Die schnelle Bergab-Rechtskurve hat sich zum Endlosthema entwickelt. „Es gibt in regelmäßigen Abständen Diskussionen über die Kurve 11“, ärgert sich Streubel und scherzt: „Es ist noch kein Rossi und noch kein Marquez in dieser Kurve gestürzt. Und Marquez stürzt auf jeder Rennstrecke.“

Text von Sebastian Fränzschky

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