Troy Bayliss - © Ducati

© Ducati – MotoGP-Saisonfinale 2006: Troy Bayliss setzte sich gegen Loris Capirossi durch

(Motorsport-Total.com) – MotoGP-Fans werden den 29. Oktober 2006 vermutlich nie vergessen.

An diesem Tag wurde nicht nur das finale Rennen der 990er-Ära in der MotoGP gestartet, in dem Valentino Rossi seinen sechsten Titel in Folge durch einen Sturz wegwarf und Nicky Hayden zum WM-Titel fuhr. Ein gewisser Troy Bayliss ließ die versammelte MotoGP-Elite an diesem Tag alt aussehen.

Eigentlich war die MotoGP-Karriere von Troy Bayliss bereits gelaufen. Nach zwei Jahren im Ducati-Werksteam (2003 und 2004) und einer missglückten Saison im Honda-Team von Sito Pons (2005) kehrte der Australier 2006 in die Superbike-WM zurück und gewann mit der Ducati 999R seinen zweiten WSBK-Titel.

Ducati suchte für das MotoGP-Saisonfinale in Valencia nach einem Ersatz für Stammpilot Sete Gibernau, der verletzungsbedingt ausfiel. Troy Bayliss kam zum Einsatz. Von Startplatz zwei aus holte sich der Superbike-Pilot den Sieg und schrieb damit Geschichte.

Jonathan Rea: Valencia 2006 wird sich nie wiederholen
Superbike-Rekord-Champion Jonathan Rea ist überzeugt, dass sich das in der Zukunft nicht wiederholen wird. „Bayliss war die schönste Geschichte. Das wird sich nie wiederholen. Ich kann es mir zumindest nicht vorstellen“, kommentiert Rea im Exklusiv-Interview mit ‚Motorsport-Total.com‘.

„In der Vergangenheit gab es in der MotoGP oder bei den 500ern Wildcards, wie zum Beispiel in Japan. Diese Fahrer waren teilweise richtig stark und holten gute Ergebnisse. Doch das ist mittlerweile schwieriger geworden“, stellt Rea fest. „Man kann nicht einfach auf so ein Motorrad springen und vorne mitfahren.“

Wie sich die MotoGP über die Jahre verändert hat
In der MotoGP-Saison 2012 hatte Rea selbst die Chance, Erfahrungen in der Königsklasse zu sammeln. Als Casey Stoner im Repsol-Honda-Team ausfiel, kam Jonathan Rea zum Einsatz. Nach einem spontanen Test in Brünn fuhr Rea die Honda RC213V in Misano und Aragon. Beide Rennen beendete er in den Top 8.

„Ich hatte damals etwa 30 Sekunden Rückstand und wurde Siebter. Heute sind 30 Sekunden Rückstand zu viel“, vergleicht Rea. „Der Unterschied zwischen dem ersten und dem letzten Fahrer ist sehr gering. Die Regeln sind sehr gut, alle Hersteller können schnell sein. Es ist nicht so wie vor zehn Jahren, als man mit 30 Sekunden Rückstand in die Top 10 fuhr. Mit 30 Sekunden Rückstand ist man heute Letzter.“

Gute Ergebnisse bei Gaststarts sind deutlich schwieriger als früher
Ben Spies und Cal Crutchlow waren die bisher letzten Superbiker, die in der MotoGP Rennen gewinnen konnten. Eugene Laverty und Loris Baz fuhren mit unterlegenem Material Achtungserfolge ein. Alex Lowes (2016), Michael van der Mark (2017) und Garrett Gerloff (2021) taten sich bei ihren Einsätzen schwer, in die Punkte zu fahren.

„Die MotoGP befindet sich jetzt auf einem sehr hohen Niveau“, stellt Jonathan Rea fest. „Man muss sich nur die Rennen anschauen, die Crutchlow fuhr. Selbst wenn man nur wenige Rennen nicht dabei war und dann zurückkehrt, ist es ziemlich schwierig.“

Keine guten Erinnerungen an den Bridgestone-Vorderreifen
„Die Reifen sind ein großer Faktor. Der Bridgestone-Vorderreifen verhielt sich so seltsam“, erinnert sich Rea an seine Einsätze mit der Werks-Honda in der Saison 2012. „Die Motorräder sind auch ziemlich unterschiedlich“, fügt der Brite hinzu.

Die Ergebnisse von Ex-Champion Marc Marquez in der abgelaufenen Saison sind laut Jonathan Rea ein weiteres Indiz für das hohe Niveau. „Marc Marquez verpasste den Großteil der vergangenen Saison und kehrte in diesem Jahr zurück. Es fiel ihm ziemlich schwer“, erkennt Rea.

Kaum noch Unterschiede zwischen den Werks- und Kundenmaschinen
Im Gegensatz zur Vergangenheit darf man sich keine Fehler erlauben. Eine Werks-Honda oder eine Werks-Yamaha garantieren nicht automatisch gute Ergebnisse, wie es vor 10 bis 15 Jahren der Fall war. „Die Motorräder liegen technisch enger beieinander. Zudem werden die Satellitenteams mittlerweile sehr gut von den Werken unterstützt“, analysiert Rea.

„An einem guten Tag gewinnt man und danach kann man schwere Zeiten erleben, wie das Beispiel von Miguel Oliveira beweist. In der heutigen MotoGP kann man schnell mal ein schlechtes Wochenende haben und auerhalb der Top 10 liegen. Die MotoGP befindet sich in einer goldenen Ära. Es geht alles sehr eng zu. Man kann sich kein schlechtes Wochenende leisten, wenn man um den Titel kämpft“, erklärt der sechsmalige Superbike-Weltmeister.

Die Bemühungen der Dorna zahlen sich aus
MotoGP-Rechteinhaber Dorna hat vor einigen Jahren die Rahmenbedingungen geschaffen. Ein solides Reglement und geschickte Maßnahmen, wie die Concession-Vorteile oder die Einführung der Einheitselektronik, haben dabei geholfen, die Hersteller anzugleichen.

„Man muss den Ingenieuren und den Herstellern gratulieren. Durch die Einheits-ECU und die über viele Jahre konstanten Regeln konnten die Hersteller ihre Motorräder verbessern“, kommentiert Rea. „Da es Prototypen sind, haben sie mehr Möglichkeiten als zum Beispiel hier in der Superbike-WM. Unsere Motorräder basieren auf Serienmaschinen und die Regeln sollen dabei helfen, die Maschinen auf ein Niveau zu bringen.“

Die Chancen, Jonathan Rea in der Zukunft in der MotoGP zu sehen, wurden in den vergangenen Jahren immer geringer. Rea erhielt nie ein gutes Angebot und bevorzugte deshalb die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Kawasaki. Im Fahrerlager der Superbike-WM gibt es mit Weltmeister Toprak Razgatlioglu dennoch einen vielversprechenden Fahrer, der 2023 ins Grand-Prix-Fahrerlager wechseln könnte.

Text von Sebastian Fränzschky

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