Marc Marquez - © Motorsport Images

© Motorsport Images – Marc Marquez sieht die Schuld für den Crash mit Johann Zarco nicht bei sich

(Motorsport-Total.com) – Es ist der Aufreger im zweiten Training der MotoGP auf dem Sachsenring: Marc Marquez stürzt in Kurve 1 auf seiner schnellen Runde und kollidiert mit Johann Zarco, der gerade die Boxengasse verlassen hat. Unter der Wucht der Honda zerschellt die Ducati in ihre Einzelteile, Zarco fliegt in hohem Bogen ab.

Die Session wird daraufhin unterbrochen. Zarco, der zunächst auf dem Asphalt liegen bleibt, kann glücklicherweise aufstehen und scheint unverletzt, während Marquez schon wieder zurück an die Box rennt. Ein Umstand, der im Nachgang für mindestens genauso viel Ärger sorgt wie der Zwischenfall an sich.

Am Freitagabend auf die Situation angesprochen, sagt Marquez auf die Frage, ob er Zarco hat kommen sehen: „Diese Frage müssen sie ihm stellen. Ich bin jemand, der, wenn er einen Fehler macht, diesen auch eingesteht. Aber diesmal bin ich verärgert, denn wenn jemand diese Situation hätte verhindern können, ist es Johann.“

Marquez: Zarco hätte besser schauen müssen
„Der Fahrer, der die Boxengasse verlässt, ist derjenige, der sich nach hinten umschauen muss“, mahnt Marquez. „Und wenn da jemand kommt, insbesondere in den letzten Minuten einer Session, muss man an der Boxengassenausfahrt anhalten.“

„Es hat keinen Sinn, einfach nur von der Rennlinie wegzubleiben. In dieser Kurve, das wissen wir aus der Vergangenheit und das haben wir heute mit (Aleix) Espargaro und (Fabio) Quartararo (Anm. d. R.) gesehen, ist es leicht zu stürzen – umso mehr, wenn man am Ende eines Trainings pusht“, rechtfertigt er sich.

Dass der Vorfall für einige ein Anlass ist, ihn als gefährlich zu bezeichnen, ärgert Marquez. „Wenn jemand diese Situation hätte verhindern können, dann Johann und nicht ich“, bekräftigt der Spanier. „Ja, ich war einer schnellen Runde. Ja, ich bin gestürzt. Das wollte ich sicher nicht, aber heute sind viele Fahrer gestürzt.“

Zarco reagiert auf Marquez‘ Schuldzuweisung
Er habe sich im Nachhinein nach Zarco erkundigt und hält fest: „Wir hatten beide sehr viel Glück, dass wir unverletzt davongekommen sind.“ Dass Marquez nicht direkt nach seinem Fahrerkollegen geschaut hatte, sorgt indes im Lager von Pramac-Ducati für Verwunderung – ebenso wie seine Analyse des Geschehenen.

„Ich mag die Art und Weise, wie Marc fährt und wie er pusht. Er ist ein Champion, aber er verliert ein wenig die Kontrolle, wenn er spricht. Er sollte es sich zweimal überlegen, bevor er etwas sagt, denn allein die Idee zu sagen, dass es meine Schuld ist, ist nicht akzeptabel“, reagiert Zarco auf die Schuldzuweisung von Marquez.

„Ich bin ein netter Kerl und er kann mir nicht die Schuld zuschieben, weil ich ein netter Kerl bin. Das ist bei einem anderen großen Unfall vor drei Jahren passiert. Damals wurde ich von hinten angefahren und alle sagten, es sei meine Schuld.“

Zarco spricht damit den Crash zwischen ihm und Franco Morbidelli in Spielberg 2020 an. Dieser hatte den Franzosen damals öffentlich scharf angegriffen. „Heute wäre es besser gewesen, das nicht zu tun, aber sich wenigstens zu entschuldigen.“

Zarco wertet es als „eine Art Rennzwischenfall“
„Ich habe ihn 15 Minuten nach dem Training gesehen. Er kam zu mir und sagte: ‚Ich hatte Angst.‘ Okay, aber sage nicht, dass jemand schuld war“, betont Zarco und mahnt: „Wir müssen unsere Worte kontrollieren, denn ich bin kein dummer Kerl und er kann mir nicht die Schuld zuschieben. Das ist einfach lächerlich.“

Der Pramac-Pilot sieht die Kollision als „eine Art Rennzwischenfall“. So etwas könne passieren. „Auch wenn es besser wäre, wenn es nicht passiert wäre. Wir können sagen, dass die Ausfahrt aus der Boxengasse ein wenig knifflig ist, aber wir sind daran gewöhnt und wir versuchen, vorsichtig zu sein, so wie ich es war.“

„Ich versuchte, die Box zu verlassen. Ich habe außen gewartet, bin aus der Boxengasse herausgefahren. Dann habe ich gebremst, mich umgedreht und eine große Gruppe kommen sehen. Ich verlangsamte und dann sah ich auch schon das Motorrad von Marc. Er traf zum Glück nur mein Motorrad, nicht meine Beine oder Füße.“

Dass Marquez danach einfach an ihm vorbeirannte, enttäuscht Zarco: „Er hätte wenigstens kommen können, als ich auf dem Boden lag. Ich kann verstehen, dass er zu seinem Motorrad wollte, um eine weitere Runde zu bekommen, aber es war ohnehin rot.“

Auch Pramac-Teammanager zeigt sich enttäuscht
Ähnlich äußert sich Pramac-Teammanager Gino Borsoi bei ‚Sky‘. „Das sind Dinge, die passieren können“, sagt er, „aber von einem Champion wie Marc hätte ich erwartet, dass er nach Johann schaut, um zu sehen, wie es dem Kollegen nach einem Unfall geht, anstatt sofort an die Box zu rennen, um das Motorrad zu holen.“

Körperlich gehe es Zarco nach dem Unfall den Umständen entsprechend gut. „Ich habe einen großen Schlag auf den unteren Rücken bekommen, deshalb konnte ich mich nicht sofort bewegen. Ich hatte ein komisches Gefühl, aber es scheint nichts gebrochen zu sein“, verrät der Franzose nach einer ersten Untersuchung.

„Ich werde jetzt mit dem Physiotherapeuten sprechen, um zu sehen, ob es für morgen geht. Aber es sieht okay aus. Wir haben nur ein sehr zerstörtes Motorrad, an dem die Mechaniker bis spät in die Nacht arbeiten werden. Wir werden morgen ein neues Chassis haben, weil das Chassis zerstört wurde. Aber das gehört dazu.“

Einige Saves und ein Mittelfinger bei Marquez
Für Marquez war der Zwischenfall mit Zarco übrigens nicht der erste Aufreger im Nachmittagstraining auf dem Sachsenring. Vor seinem folgenschweren Sturz in Kurve 1 wäre der Honda-Pilot bereits in der Waldmann-Kurve beinahe abgeflogen.

Zwar konnte er da noch Schlimmeres verhindern, den Ärger über die Instabilität seines Motorrads aber nicht verbergen. Der Spanier streckte seinen Mittelfinger Richtung Dashboard, wo eine Kamera die Geste für alle sichtbar aufzeichnete. Darauf angesprochen, erklärt Marquez: „Das war aus der Situation heraus.“

„Das Adrenalin war super hoch, nachdem ich in einer sehr schnellen Kurve einen Sturz abgefangen hatte. Es war ja nicht die erste Warnung an diesem Wochenende“, spricht er eine Reihe von Saves am Freitag an. „Wir müssen verstehen, wie wir sanfter oder etwas langsamer fahren können, um solche Momente zu vermeiden.“

Text von J.Ziegengeist, Co-Autoren: G. Garcia Casanova, S.Fränzschky

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